Psychatrie

Koalition setzt noch einmal an

Nach massiver Kritik richtet die Koalition nun das Vergütungssystem in der stationären Psychiatrie an den Formulierungen des Koalitionsvertrags aus. Die Vertragsärzte und -psychotherapeuten murren gleichwohl.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Aus dem eher technisch ausgerichteten Pauschalierenden Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik "PEPP" wird das "PsychVVG", das Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen. So steht es über dem Referentenentwurf des Gesetzes, den Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Ende vergangener Woche seinen Kabinettskollegen zur Abstimmung übermittelt hat.

Keine landesweit vergleichbaren Tages-Fallpauschalen

Seit Sommer 2014 wird über eine Reform des Vergütungssystems diskutiert, das in einer Optionsphase feststeckte. Der Koalitionsvertrag sieht vor, das von der schwarz-gelben Koalition 2009 gestartete Projekt neu zu orientieren. Er spricht von einem neuen Vergütungssystem, ohne sich auf landesweit vergleichbare Tages-Fallpauschalen festzulegen, wie sie mit PEPP eingeführt werden sollten.

Einen wesentlichen Impuls zum Neustart hatte die SPD gegeben. In einer Klausurtagung im Januar verabschiedete sie ein Papier, das die Überschrift "PEPP muss weg" trug. Grund war die ausufernde Bürokratie, die PEPP ausgelöst haben soll. Auch dieBÄK begrüßte den Schwenk weg vom alten PEPP. Der neu eingeschlagene Weg dürfte den Bedürfnissen einer modernen Versorgung von Psychiatriepatienten mehr entgegenkommen, als die ursprünglichen Pläne, sagte BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery im Februar.

Der Entwurf, der der "Ärzte Zeitung" vorliegt, geht über die Einführung eines Entgeltsystems hinaus. Er enthält Elemente zusätzlicher Versorgung und Qualitätssicherung.

Kontroverse um Daheim-Behandlung

Mit dem geplanten Ausbau der Möglichkeiten, psychisch Erkrankte von Teams aus den Kliniken auch zu Hause zu betreuen, sollen stationäre Aufenthalte verkürzt und Drehtüreffekte vermieden werden. Die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten haben dagegen vorsorglich bereits mobil gemacht. "Das widerspricht grundlegend einer dringend notwendigen sektorenübergreifenden Integration der Behandlung psychisch Erkrankter", kommentierte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen die Regierungspläne bereits am 9. Mai.

Die psychiatrischen Krankenhäuser und Stationen sollen auf Personalstandards verpflichtet werden. Für die Jahre 2016 bis 2019 sollen sie sich mindestens an die Psychiatrie-Personalverordnung halten, die eigentlich 2017 auslaufen würde.

Ab 2020 sollen dann bis dahin vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu entwickelnde Personalanforderungen gelten. Hier will der Gesetzgeber auf den Sachverstand medizinischer Fachgesellschaften setzen. Der GBA soll verpflichtet werden, die Personalschlüssel an S3-Leitlinien zur Behandlung psychischer Erkrankungen auszurichten.

Das Vergütungssystem setzt nun wieder auf hausindividuelle Budgets. Die wiederum setzen auf empirisch ermittelten Daten in den Kalkulationskrankenhäusern auf. In die Budgets sollen die neuen Personalschlüssel und der Aufwand für die Einhaltung der Qualitätsvorgaben des GBA einfließen.

Die Budgets erhalten eine leistungsbezogene Komponente. Vergleiche der Kliniken sollen zeigen, inwieweit Budgetunterschiede auf Outcomes und strukturelle Besonderheiten zurückzuführen sind.

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