Im Sport
Kopfeinsatz rächt sich
Football spielen geht auf's Gehirn: Wer seinen Schädel beim Sport häufig als Rammbock benutzt, muss später mit kognitiven Defiziten und Depressionen rechnen. Ursache dafür ist offenbar eine beschleunigte Neurodegeneration.
Veröffentlicht:DALLAS. Der Football-Spieler Dave Duerson ist ein besonders tragisches Beispiel für die Folgen von exzessivem Kopfeinsatz bei rauen Sportarten.
Der ehemalige US-Nationalliga-Profi erkrankte an einer chronisch traumatischen Enzephalopathie und erschoss sich vor knapp einem Jahr in seiner Villa in Miami.
Vor dem Tod schickte er seinen Angehörigen noch die Nachricht, dass er sein Gehirn Wissenschaftlern zur Verfügung stellen will, die an der Erforschung dieser Erkrankung interessiert sind.
34 Football-Stars im Rentenalter als Probanden
Dass dies auch mit noch lebenden Gehirnen klappt, haben nun US-Forscher um Dr. John Hart von der Universität in Dallas gezeigt (JAMA Neurol. 2013; online 7. Januar).
Sie unterzogen 34 ehemalige Football-Nationalspieler, die sich inzwischen im Rentenalter befanden, mit intensiven neuropsychiatrischen Tests und modernen bildgebenden Verfahren.
Die Ergebnisse der Bildgebung verglichen sie anschließend mit Daten von 20 gleich alten kognitiv gesunden Männern, die kein Football gespielt und keinerlei Gehirnerschütterungen erlitten hatten.
Die Football-Profis waren im Schnitt 62 Jahre alt und hatten im Mittel vier Gehirnerschütterungen ausgestanden. Die neuropsychiatrischen Untersuchungen ergaben bei vier (12 Prozent) der Ex-Spieler ein Defizit in einem der untersuchten kognitiven Bereich.
Acht (23,5 Prozent) zeigten erste kognitive Einschränkungen (Mild Cognitive Impairment, MCI), wie sie in der Regel im Frühstadium einer Demenz vorkommen. Und zwei (6 Prozent) hatten bereits eine manifeste Demenz.
Depressionen verbreitet
Nur 20 (58 Prozent) waren kognitiv unauffällig. Überraschenderweise war auch jeder Vierte depressiv, drei hatten Depressionen und zugleich kognitive Defizite, die sich nicht allein auf die Depression zurückführen ließen.
Bei den kognitiven Defiziten überwogen Wortfindungsstörungen, Probleme beim Benennen von Gegenständen sowie Störungen des verbalen und visuellen Gedächtnisses.
Die Störungen korrelierten dabei recht gut mit Auffälligkeiten in Hirnregionen, die für Gedächtnis sowie Wortfindung und -verarbeitung nötig sind.
So zeigten sich bei der Diffusions-Tensor-Bildgebung (DTI) mikrostrukturelle Schäden der Weißen Substanz in bestimmten frontalen und parietalen Kortexarealen sowie im linken Temporallappen.
Diese Schäden waren sowohl bei den kognitiv normalen als auch auffälligen Athleten deutlich stärker ausgeprägt als in der Kontrollgruppe, am deutlichsten zeigten sie sich aber bei den symptomatischen Profispielern, und zwar sowohl bei denen mit Depressionen als auch bei Spielern mit kognitiven Defiziten.
Beschleunigte Neurodegeneration
Bei der Bestimmung des zerebralen Blutflusses ergaben sich bei den symptomatischen Athleten zudem Abweichungen im Gyrus temporalis superior, also auch im Bereich des Wernicke-Zentrums, sowie im linken unteren Parietallappen.
Die Forscher vermuten daher, dass die kognitiven und affektiven Veränderungen durch Läsionen in der Weißen Substanz und in kortikalen Bereichen verursacht werden, die in der Bildgebung auffällig sind.
Sie interpretieren die Befunde weniger als Narben vergangener Traumata, sondern als einen dynamischen Prozess: Offenbar beschleunigt sich bei den ehemaligen Athleten die Neurodegeneration.
Dafür sprechen auch Ergebnisse andere Studien: Hier waren Auffälligkeiten der Weißen Substanz bei der DT-Bildgebung ein zuverlässiger Frühindikator für eine Demenz.