Neue Kassenleistung
Krebs und Nachwuchs? TSVG öffnet Tür
Kassen müssen künftig bei jungen Krebskranken für die Konservierung von Ei- und Samenzellen zahlen. Onkologen mahnen beim GBA eine unbürokratische Regelung an.
Veröffentlicht:
Kryokonservierung: Die Leistung wird durch das TSVG für junge Patienten mit fertilitätsschädigenden Therapien Kassenleistung.
© Friso Gentsch / dpa
BERLIN. Junge Patienten, die sich fertilitätsschädigenden Therapien unterziehen müssen, erhalten durch das Terminservice- und -versorgungsgesetz (TSVG) einen Anspruch auf Maßnahmen zur Erhaltung der Fruchtbarkeit. Die Stiftung „Junge Erwachsene mit Krebs“ sowie Onkologen, Verbände und Fachgesellschaften begrüßen das. Sie mahnen jedoch zugleich eine zügige und unbürokratische Umsetzung der Gesetzesregelung an.
Bis zu 4300 Euro kann es kosten, wenn eine junge Frau vor einer Chemotherapie oder einer Bestrahlung Eizellen entnehmen und konservieren lassen will. Auf rund 500 Euro beziffert die Stiftung die Kosten für eine Konservierung von Spermien. Hinzu kommen in allen Fällen Lagerungskosten von etwa 300 Euro pro Jahr.
Diese Kosten mussten junge Krebspatienten bis jetzt selbst tragen. „Vielen jungen Krebspatientinnen und -patienten wurde damit die Chance auf eigene Kinder genommen, weil ihnen oder ihren Familien schlicht das Geld dafür fehlte“, so Professor Diana Lüftner vom Stiftungsvorstand.
Nur wenige nutzen Konservierung
Nur 8,4 Prozent der betroffenen Frauen nutzten die Möglichkeit der Konservierung nach Angaben von Professor Matthias Freund, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums. Allerdings wurden auch nur elf Prozent dazu beraten. Freud hält eine zweistufige Beratung für nötig: Zunächst müsse der Onkologe mit dem Patienten darüber sprechen, doch auch eine weitere Beratung in einem der Fertilitätszentren müsse erfolgen.
Die Einzelheiten zur Umsetzung muss nun der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) regeln. Freund appellierte an den GBA, die Richtlinien möglichst zügig zu erlassen. Zugleich kritisierte er das Verhalten von Krankenkassen, die Kostenübernahmeanträge von Versicherten unter Verweis auf die ausstehende GBA-Regelung ablehnen. „Wir fordern, dass die Krankenkassen in dieser Situation großzügige Einzelfallentscheidungen treffen“, sagte Freund in Berlin.
Steht der GBA-Beschluss, dann müssen auch noch die Details zur Honorierung der neuen Leistung abgestimmt werden. „Bisher sind wir sehr altruistisch vorgegangen, weil wir jungen Menschen helfen wollen. Aber es muss auch adäquat finanziert werden, denn bisher ist es ein Minusgeschäft“, sagte Professor Ariane Germeier, Vorstandsvorsitzende des FertiProtekt Netzwerks der Zentren zum Erhalt der Fruchtbarkeit.
Auch Kinder profitieren
Sie begrüßte ausdrücklich, dass die Behandlung dem neuen Gesetzestext nach auch Kindern offensteht und dass sie nicht auf Krebspatienten beschränkt ist.
Von der neuen Leistung könnten damit nicht nur bis zu 11.000 Mädchen und Frauen bis 40 Jahre und 22.000 Jungen und Männer bis 50 Jahre profitieren, die jährlich an Krebs erkranken. Auch Patienten mit Autoimmunerkrankungen, Sichelzellkrankheiten oder Thalassämie können sie nutzen.