Lehren aus der Pandemie

Lauterbach: „Wir brauchen das Pandemieabkommen und einen Fonds“

Es müsse alles getan werden, damit die Welt nicht noch einmal unvorbereitet in eine Pandemie laufe, betonte Gesundheitsminister Karl Lauterbach bei einer Veranstaltung am Uniklinikum Bonn.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Polizisten wachen über die Ausgangssperre kurz nach dem Ausbruch von COVID-19 im chinesischen Wuhan. Die Weltgemeinschaft sei damals nicht vorbereitet gewesen sagt Gesundheitsminister Karl Lauterbach hierzulande  und fordert eine bessere Vorbereitung auf den nächsten Ausbruch.

Polizisten wachen über die Ausgangssperre kurz nach dem Ausbruch von COVID-19 im chinesischen Wuhan. Die Weltgemeinschaft sei damals nicht vorbereitet gewesen sagt Gesundheitsminister Karl Lauterbach hierzulande und fordert eine bessere Vorbereitung auf den nächsten Ausbruch.

© STEPHEN SHAVER/newscom/picture alliance

Bonn. Die Corona-Pandemie hat schmerzhaft vor Augen geführt, welche gravierende Folgen das Fehlen einer Notfallplanung hat – sowohl was den Verlust an Menschenleben als auch was die ökonomischen Folgen betrifft. Die Weltgemeinschaft sei im Wesentlichen unvorbereitet in die Pandemie gelaufen, sagte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach anlässlich der Sieben-Jahres-Feier des Masterstudiengangs „Global Health Risk Management & Hygiene Policies“ am Universitätsklinikum Bonn. „Um eine Pandemie mit schweren Konsequenzen vermeiden zu können, müssen wir definitiv viel besser vorbereitet sein“, mahnte Lauterbach.

Zwei Maßnahmen sind nach seiner Überzeugung notwendig, damit es bei der nächsten Pandemie besser laufen kann: die Unterzeichnung des Pandemievertrags der Weltgesundheitsorganisation WHO und ein globaler Pandemie-Fonds.

Das Abkommen wäre für die Unterzeichner-Staaten bindend und würde das Vorgehen und die Verantwortlichkeiten bei einer sich abzeichnenden Pandemie klar regeln, erläuterte Lauterbach. Weil solche klaren weltweiten Vorgaben gefehlt haben, habe man die Zeit nach dem ersten Ausbruch des Corona-Virus nicht nutzen und damit die Entwicklung der Pandemie nicht verhindern können.

Knackpunkt geistiges Eigentum

Im Mai nächsten Jahres entscheidet sich, ob die WHO-Mitgliedstaaten das Abkommen ratifizieren. Die Chancen dafür stehen nach Einschätzung des Ministers 50 zu 50. Ein Problem sei der Umgang mit geistigem Eigentum, also insbesondere Patentrechten. Vertreter ärmerer Länder drängen darauf, dass sie im Pandemiefall ausgesetzt werden. Das lehnen die Industrieländer ab. Sie argumentieren damit, dass dies das Ende der Forschung in diesem Gebiet bedeuten würde.

Die Bundesregierung befürwortet nach Angaben des Ministers das Pandemieabkommen unter Beibehaltung der Rechte am geistigen Eigentum. Wenn Länder bei einem Krankheits-Ausbruch von Anfang die nötigen Informationen teilen und internationale Hilfe zulassen, um Gegenmaßnahmen zu implementieren, erhalten sie im Gegenzug Medikamente oder Impfungen. „Das Geld geht an Länder, die Informationen teilen“, sagte er.

Die Ampel-Koalition hält auch den Ausbau des bei der Weltbank angesiedelten Pandemiefonds für sinnvoll und notwendig. Aus diesem Fonds könnten Gelder in ärmere Länder fließen, mit denen sie Überwachungssysteme implementieren und Personal schulen. „Die Idee des Fonds ist, dass wir in den Verstand der Menschen investieren, die in den Regionen leben, in denen der Ausbruch einer Pandemie am wahrscheinlichsten ist“, sagte Lauterbach.

Fonds oder Feuerwehr?

Das Gegenmodell zum Pandemiefonds werde von der Bill Gates Stiftung propagiert: der Aufbau einer Art Pandemie-Feuerwehr. Das sollen gut ausgebildete Leute sein, die weltweit zum Einsatz kommen, wenn eine Pandemie droht. Die Entscheidung zwischen Fonds und Einsatztruppe sei noch völlig offen, berichtete Lauterbach.

Außer Frage steht für ihn, dass es künftig viel mehr Menschen geben muss, die sich mit Pandemien und der Pandemiebekämpfung auskennen. Genau deshalb sei das Masterstudium „Global Health“ in Bonn so wichtig. „Es hat nie einen größeren Bedarf an solch einem Programm gegeben als heute“, sagte er. „Wenn es das Programm nicht schon geben würde, müsste es sofort erfunden werden.“

Der Masterstudiengang richtet sich in erster Linie an junge Menschen aus ärmeren Ländern, die im Gesundheitswesen tätig sind und nach dem Studium wieder in ihre Heimatländer zurückkehren, erläuterte der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des Uniklinikums Professor Wolfgang Holzgreve. Der internationale Austausch und die gegenseitige Hilfe seien unerlässlich. „Spätestens die Pandemie hat jedem gezeigt, dass kein Gesundheitswesen auf einer Insel funktionieren kann.“

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