Welt-Osteoporose-Tag
Männer - von wegen harte Knochen
Osteoporose galt lang als typische Frauenkrankheit. In Bezug auf die Knochengesundheit könnten Männer jedoch das schwächere Geschlecht sein. Die Erkrankung bleibt bei ihnen oft unentdeckt.
Veröffentlicht:So sollen "echte Männer" aussehen? Muskelshirt, aufgepumpter Bizeps, Gewichte stemmend wie in der aktuellen Kampagne zum Welt-Osteoporose-Tag? Glücklicherweise ist das nicht der Fall, zumindest nicht, wenn es nach der International Osteoporosis Foundation (IFO) geht.
Deren Botschaft lautet: "Echte Männer bauen auf innere Stärke." Soll bedeuten: Für sie zählen nicht sichtbare Muskelpakete und andere Attribute von Virilität, sondern stabile Knochen.
"Denn Männer, die äußerlich stark wirken," heißt es in der IOF-Broschüre, "können innerlich schwach sein, ohne es zu merken." Und in vielen Fällen wird ihre Osteoporose nicht einmal von den Ärzten bemerkt.
So wie bei Peter Watts: Seit seinem 49. Lebensjahr wird der Ire von schweren Rückenschmerzen gequält, gegen die sein Hausarzt immer wieder Schmerzmittel verordnet. In den folgenden Jahren bricht er sich einen Knöchel beim Schuhanziehen, dann den anderen Knöchel, schließlich das Handgelenk.
Die schlimmer werdenden Rückenschmerzen werden weiter analgetisch behandelt. Von Osteoporose erfährt Watts erstmals mit 54 Jahren - bei einer Internetrecherche.
Erst danach sucht er einen Spezialisten auf, der eine schwere Osteoporose mit Wirbelkörperfrakturen diagnostiziert. Auch wenn dieser Fall sicher ein Extremfall ist - ein Einzelfall ist er leider nicht.
Risiko für Fragilitätsfraktur auch bei Männern
Laut einem IOF-Report von Anfang Oktober wird die Osteoporose allzu oft "als Frauenkrankheit wahrgenommen, die für Männer kein dringliches Problem darstellt".
Dabei betreffen osteoporotische Frakturen nicht nur eine von drei Frauen, sondern auch einen von fünf Männern über 50 Jahren. "Das Lebenszeitrisiko einer Fragilitätsfraktur ist damit für Männer deutlich höher als das Risiko, Prostatakrebs zu entwickeln", sagt IOF-Präsident Professor John A. Kanis.
Wenn man die Sterblichkeit in Zusammenhang mit osteoporotischen Frakturen betrachtet, scheinen Männer sogar das schwächere Geschlecht zu repräsentieren. Im ersten Jahr nach einer Hüftfraktur erreichte die Sterberate in einer dänischen Registerstudie nicht weniger als 37 Prozent. Sie lag damit doppelt so hoch wie bei Frauen.
Die Zahl der Hüftfrakturen bei Männern hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Weltweit sind laut IOF zu einem Drittel Männer betroffen. Viele von ihnen haben schon vorher andere Knochenbrüche erlitten und für etwa jeden Vierten bleibt die Hüftfraktur nicht die letzte Fraktur.
"Zu viele Männer bleiben im Teufelskreis der Fragilitätsfrakturen gefangen", kritisiert der IOF-Report. Obwohl eine Fraktur "ein sehr klares Signal" für ein erhöhtes Frakturrisiko sei, so IOF-Beirat Professor Peter Ebeling von der Universität von Victoria (Australien), würden die Abklärungs- und Behandlungsraten bei Männern meist unter 20 Prozent liegen.
Ähnlich wenig Aufmerksamkeit erhalte die Knochengesundheit von Männern mit Androgendeprivations- oder Glukokortikoid-Therapie, den beiden häufigsten Ursachen einer sekundären Osteoporose. Mängel bei der Versorgung von Männern mit Osteoporose bestehen auch in Deutschland.
"Die Diagnose wird immer noch zu selten gestellt, ist in der ursächlichen Abklärung oft lückenhaft, und die zu wenigen therapierten Fälle werden nicht selten inkonsequent oder sogar falsch behandelt", bemängelt Professor J. Diederich Ringe vom Klinikum Leverkusen (MMW 2014; 156 (S 1): 44-47).
Es wird geschätzt, dass hierzulande etwa 1,1 Millionen Männer an Osteoporose leiden. Eine osteoporosespezifische Therapie erhalten nach den Ergebnissen von BEST (Bone Evaluation Study) aber je nach Altersgruppe nur 11-18 Prozent, ein noch kleinerer Anteil als bei den Frauen (11-24 Prozent). Selbst nach einer Fraktur werden nur 42 Prozent spezifisch behandelt (Frauen 46 Prozent).
Medikamente meist primär für Frauen erforscht
Lange waren Männer auch im Hinblick auf die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten benachteiligt: Osteoporosetherapeutika wurden zunächst für postmenopausale Frauen erforscht und zugelassen.
Die Studien mit Männern kamen später, waren kleiner und hatten oft keine klinischen Endpunkte. Inzwischen ist die Therapielücke geschlossen und alle Osteoporosemedikamente mit Ausnahme von Ibandronat haben auch eine Zulassung für Männer.
Damit das Potenzial der medikamentösen Frakturprävention, unterstützt durch Lebensstilmaßnahmen, bei Männern ausgeschöpft werden kann, muss sich jedoch noch einiges ändern.
Vielleicht auch das Bild vom angeblich starken Geschlecht.