Eisen adé

Milch bei Kleinkindern nur in Maßen

Dass Kuhmilch in rauen Mengen der Gesundheit eines Kleinkinds durchaus abträglich sein könnte, haben jetzt Kollegen aus Kanada gezeigt. Ab zwei Bechern ging in ihrer Studie der Eisenspiegel in den Keller.

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Für Babys ist die Milch aus der Flasche unverzichtbar, wenn sie keine Muttermilch bekommen können. Spätestens ab einem Alter von zwei Jahren sollten jedoch andere Vitaminquellen angezapft werden.

Für Babys ist die Milch aus der Flasche unverzichtbar, wenn sie keine Muttermilch bekommen können. Spätestens ab einem Alter von zwei Jahren sollten jedoch andere Vitaminquellen angezapft werden.

© bilderstoeckchen / Fotolia.com

TORONTO. In Kanada und den USA gilt vitaminangereicherte Kuhmilch - anders als in Deutschland - als Hauptquelle für Vitamin D. Verschiedene Studien weisen aber darauf hin, dass das in der Milch enthaltene Vitamin D die Eisenresorption hemmt.

Um mehr über den Zusammenhang zwischen dem Milchkonsum auf der einen und sowohl Vitamin-D- als auch Eisenspiegel auf der anderen Seite herauszufinden, maßen kanadische Forscher zwei Jahren lang die Blutwerte von mehr als 1300 Kindern im Alter von zwei bis fünf Jahren (Pediatrics 2012; online 17. Dezember).

Ergebnis: Je mehr Milch die Kinder zu sich nahmen, desto stärker stieg das 25-Hydroxyvitamin D im Blut. Gleichzeitig sanken die Eisenwerte, gemessen als Serum-Ferritin.

Überraschenderweise konnten Kinder, die Kuhmilch noch im Fläschchen erhielten, damit ihren Vitamin-D-Spiegel nicht verbessern. Hier nahmen außerdem die Eisenwerte besonders drastisch ab.

Wer im Alter von zwei Jahren und darüber immer noch an der Flasche nuckelt, egal ob Milch oder Saft, nimmt meist weniger andere Vitamin-D- und eisenreiche Nahrungsmittel zu sich, erklären die Forscher um Jonathon L. Maguire von der TARGet Kids Collaboration in Toronto. Möglicherweise hätten die Eltern der "Flaschenkinder" den Milchkonsum ihrer Sprösslinge aber auch unterschätzt, so die Autoren.

Den Studiendaten ist lediglich zu entnehmen, dass eine Supplementierung mit Vitamin D einen deutlichen Einfluss auf die erreichten Vitaminblutspiegel hatte. Inwieweit dies auf den Vitamingehalt in der Milch zurückzuführen ist, geht aus der Publikation in der Zeitschrift "Pediatrics" nicht hervor.

Den "optimalen" Vitamin-D-Spiegel bei Kindern setzt die kanadische Fachgesellschaft mit mindestens 75 Nanomol pro Liter Blut an. Dieser Wert war bei zwei Bechern (angereicherter) Milch pro Tag, insgesamt 500 ml, erreicht.

Entwöhnung ab dem zweiten Jahr

Der negative Effekt auf den Eisenspiegel war bei dieser Menge minimal. Pro Tasse oder Becher Milch stieg der 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel im Schnitt um 6,5 Prozent.

Wer also zum Beispiel von zwei auf drei Tassen erhöhte, erreichte damit einen Vitamin-D-Anstieg von 5,5 nmol/l, aber auch einen Abfall des Serum-Ferritins um durchschnittlich ein Mikrogramm pro Liter Blut (3,6 Prozent).

Die Vitamin-D-Werte betrugen im Schnitt 88 nmol/l, jedes dritte Kind lag unter 75 nmol/l. Beim Eisen hatten die Forscher einen Durchschnitt von 31 Mikrogramm Ferritin pro Liter ermittelt, 4 Prozent der Kinder hatten Werte < 12 µg/l.

Kinder mit dunklerer Hautfarbe hatten einen höheren Bedarf an Frischmilch, um ihren Vitamin-D-Bedarf zu decken.

Ab dem Hauttyp IV nach Fitzpatrick (bräunliche oder olivfarbene Haut, braune Augen, braunes oder schwarzes Haar, selten Sonnenbrand) waren in der Studie täglich vier Becher (angereicherte) Milch erforderlich, wenn die Kinder kein zusätzliches Supplement erhielten.

Nach Maguire und seiner Arbeitsgruppe bestätigt die Studie die Empfehlung, Kinder spätestens ab einem Alter von zwei Jahren von der Flasche zu entwöhnen. Zumindest sollte man den Sprösslingen keine Kuhmilch ins Fläschchen füllen.

In Deutschland wie auch in den meisten anderen Ländern Europas ist die Anreicherung von Milch mit Vitaminen verboten. Kuhmilch enthält zwar natürlicherweise Vitamin D, die Konzentration ändert sich jedoch mit der Jahreszeit: So ist im Winter unter Umständen nur mit einem Zehntel des Sommergehalts zu rechnen.

Der wichtigste Vitamin-D-Lieferant bleibt hierzulande die Sonne; für Kinder, die nicht genug davon abbekommen (vor allem im Winter), empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin vom zweiten Jahr an eine Ergänzung von 400 Einheiten Vitamin D täglich. (EO)

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 16.08.201414:05 Uhr

ist wirklich nichts neues, dass Kuhmilch gegenüber Muttermilch zu Eisenproblemen führt

auch die günstigere Muttermilch sollte ab 6 Monaten ergänzt werden mit normaler "Erwachsenen-Kost" aus verschiedenen Gründen, nicht nur wegen Eisen.
Vitamin D reicht in jeder Variante hinten und vorne nicht, man darf hier ganz bescheiden daran erinnern, dass es in Deutschland das synthetisch hergestellte VitD "Vigantol" schon seit 1927 gibt, wofür der deutsche Chemiker Adolf Otto Reinhold Windaus 1928 den Nobelpreis erhielt, der sich schon seit 1903 mit "Cholesterin" beschäftigt hatte; er war "zufällig" auch der Doktorvater des späteren Nobelpreisträgers Adolf Butenandt (Sexualhormone).
Auch die Sonne reicht hier in Mittel- und Nordeuropa für Vit.D hinten und vorne nicht aus.
Die Prävalenz von Rachitis lag im 19-ten Jahrhundert in Skandinavien bei 60%,
die Mortalität bei Kindern unter 5 Jahren in Europa lag im Jahre 1900 bei 250 Todesfälle/1000 Lebendgeburten.
Leider ist die wichtige Vit.D-Substitution unter dem Einfluss der nicht medizinischen deutschen Ernährungsberatern (DGE) Jahrzehnte behindert und verhindert worden, obwohl das jeder Dr. leicht im Serum bestimmen kann.

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