US-Experten raten:

Nach Herzinfarkt viel Vollkorn!

Nach einem Herzinfarkt ist es offenbar besonders ratsam, sich ballaststoffreich zu ernähren. In einer großen Kohortenstudie hatten Volkornfans im Vergleich zu Ballaststoffverächtern ein deutlich geringeres Sterberisiko nach dem Infarkt.

Veröffentlicht:
Mit Vollkornbrot im Getreidefeld: Experten empfehlen eine tägliche Mindestmenge an Ballaststoffen von 25 g für Frauen und 38 g für Männer.

Mit Vollkornbrot im Getreidefeld: Experten empfehlen eine tägliche Mindestmenge an Ballaststoffen von 25 g für Frauen und 38 g für Männer.

© Edler von Rabenstein / fotolia.com

BOSTON. Vor 25 Jahren hatte die DART-Studie keinen Einfluss einer vollkornreichen Kost auf die Mortalität von Postinfarktpatientenbelegen können. Das Follow-up der Studie war damals allerdings ausgesprochen kurz. Grund genug für Forscher um Shanshan Li von der Harvard School of Public Health neue Daten zum Thema zusammenzutragen (BMJ 2014; 348: g2659).

Sie haben dazu zwei Kohorten zusammenfassten: die Nurses‘ Health Study (NHS) und die Health Professionals Follow-up Study (HPFS). Deren Teilnehmer hatten zwischen 1976 (NHS) beziehungsweise 1986 (HPFS) und 2006 im Vier-Jahres-Rhythmus Fragebögen zur Ernährung ausgefüllt.

Analysiert wurden Daten von 2258 Frauen und 1840 Männern, die bis 2008 einen ersten Herzinfarkt erlitten hatten. Diese wurden im Anschluss an das Ereignis durchschnittlich 8,7 (Frauen) oder 9,0 Jahre (Männer) nachbeobachtet. In diesem Zeitraum starben 682 Frauen und 451 Männer, davon 336 und 222 an einem kardiovaskulären Ereignis.

Wie die Forscher berichten, war eine vollkornreiche Ernährung nach dem Erstinfarkt insgesamt mit einer deutlich niedrigeren Gesamtsterblichkeit verknüpft.

In der gepoolten Analyse, bei der Männer und Frauen zusammengefasst wurden, konnten Teilnehmer, die im Durchschnitt 27,40 g (Frauen) und 35,60 g (Männer) Ballaststoffe täglich zu sich nahmen, mit einer um 25 Prozent niedrigeren Gesamtsterblichkeit rechnen als Teilnehmer in der niedrigsten Ballaststoff-Quintile (16,34 und 12,95 g/Tag).

Allerdings war das Ergebnis speziell in Bezug auf die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit weniger eindeutig: Hier lag die Risikoreduktion in der Gruppe mit den meisten Ballaststoffen nur bei 13 Prozent und war statistisch nicht signifikant.

Viele potenzielle Einflussfaktoren herausgerechnet

Pro 10 g Ballaststoffe mehr am Tag sank das allgemeine Sterberisiko im Beobachtungszeitraum um 15 Prozent. Der Effekt war offenbar in erster Linie auf Getreideprodukte, nicht so sehr dagegen auf Obst oder Gemüse zurückzuführen.

Um ein möglichst unverfälschtes Ergebnis zu bekommen, hatten Li und Kollegen viele potenzielle Einflussfaktoren herausgerechnet, darunter Alter, BMI, körperliche Aktivität, Tabak- und Alkoholkonsum, Diabetes, Bluthochdruck, Aspirineinnahme, Bypass-Op sowie Kaloriengehalt der Nahrung und deren Gehalt an gesättigten und ungesättigten Fettsäuren.

Einen besonders ausgeprägten Nutzen beobachtete man bei Teilnehmern, die ihre tägliche Ballaststoffration seit dem Infarkt stark hochgefahren hatten. Dies galt nun wiederum sowohl für die gesamte als auch für die kardiovaskuläre Sterblichkeit.

Eine Zunahme um gut 11 g Ballaststoffe pro Tag führte beispielsweise zu einer Abnahme des kardiovaskulären Risikos um 35 Prozent gegenüber Teilnehmern, die nun jeden Tag um knapp 5 g weniger als zuvor konsumierten.

Aus früheren Studien geht hervor, dass Ballaststoffe in der Nahrung unter anderem antientzündlich wirken, die LDL-Fraktion des Plasmacholesterins senken, der Lipidoxidation entgegenwirken und die Insulinsensitivität erhöhen; dies führen die Forscher als mögliche Erklärung ins Feld.

Für die Allgemeinbevölkerung sei außerdem bekannt, so die Wissenschaftler, dass eine ballaststoffreiche Ernährung das Risiko einer koronaren Herzkrankheit um bis zu 40 Prozent senkt. Experten empfehlen eine tägliche Mindestmenge an Ballaststoffen von 25 g für Frauen und 38 g für Männer. (EO)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Dr. Horst Grünwoldt 25.06.201414:18 Uhr

Ballast-Stoffe

Dank der klugen Analytik unseres hoch geschätzten Dr. TGS aus Dortmund, wird wieder mal eine US-amerikanische-bigmouth-Studie in Frage gestellt.
Den Amis fehlt es ja in jedem Lebensbereich nicht an Selbstbewußtsein oder Selbstüberschätzung?
Jedenfalls führen ausreichend Ballaststoffe in der animalischen Ernährung auch zum beschleunigten Ballast-Abwurf. Eine Ausnahme dürfte der angeblich reine Veganer unter den Homoiden sein - der Gorilla. Dafür ist sein ca. doppelt so langer Darmtrakt und der mühsame Aufschluß des Grünzeugs verantwortlich. Und der verdaut wahrlich schwer -ohne rumen (Pansen)- an seinem Blätterwerk mit einer erheblichen Methanproduktion im Trommelbauch! Das alles möchte ich mir für 7-9 Milliarden der spezies homo sapiens nicht vorstellen.
Deshalb bewegt er sich nur noch behäbig fort, trotz der Muskelpakete. Ähnliche Bewegungs-Probleme haben aber auch unsere bodybuilder, obwohl sie sich betont ballastarm - dafür aber eiweißreich ernähren, um täglich die Tonnen unproduktiv zu stemmen.
Herz-Kreislauf-Untersuchungen sind mir aber für beide Phänotypen nicht bekannt, schon gar nicht vergleichende Studien über Ballaststoff-Überschuß und -mangel.
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt, Rostock

Dr. Thomas Georg Schätzler 22.05.201420:54 Uhr

The Nurses’ Health Study and the Health Professionals Follow-Up Study - reloaded?

Als ich den ÄZ-Titel las, ahnte ich schon im Voraus, dass diese im British Medical Journal (BMJ) hochrangig publizierte Studie, von der "Harvard Medical School" stammend, ebenso hochgradig suspekt ist. Bereits im Abstract geht das Autorenteam in die Knie: "The Nurses’ Health Study and the Health Professionals Follow-Up Study" ergaben das Daten-Rohmaterial. Aber mit diesen beiden Befragungen zum Ernährungsverhalten ''ex post'' könnten auch Korrelationen zwischen Teebeutel-Weitwürfen und der Inzidenz von Hirntumoren detektiert werden.

"Participants - 2258 women and 1840 men who were free of cardiovascular disease, stroke, or cancer at enrollment, survived a first MI during follow-up..." heißt es da so schön: Doch wie sollen Menschen, die zur Zeit der Einschreibung in ihre Studien angeblich f r e i von kardiovaskulären Erkrankungen waren, überhaupt einen Myokardinfarkt (MI) bekommen haben? Wie sollen die beurteilt werden, die ihren MI n i c h t überlebt haben? Die Alles entscheidende Frage, w i e v i e l Vollkorn-Ballaststoffe diese Unglückseligen v o r h e r zu sich genommen haben, wurde gar nicht erst gestellt?

"Conclusions - In this prospective study of patients who survived MI, a greater intake of dietary fiber after MI, especially cereal fiber, was inversely associated with all-cause mortality. In addition, increasing consumption of fiber from before to after MI was significantly associated with lower all- cause and cardiovascular mortality." Wenn die Gesamt-Mortalität bei denen, die ihren MI überlebt und m e h r Vollkorn-Ballaststoffe n a c h MI gegessen haben, g e r i n g e r war und zusätzlich die Assoziation der spezifisch kardiovaskulären Mortalität zusätzlich bei denen geringer war, die v o r MI bereits Vollkorn-Fans waren, fragt man sich doch unwillkürlich:

Warum futtern alle Vollkorn-Ballaststoffe, wenn dies anscheinend a u c h unweigerlich zum Herzinfarkt führen kann? Wie kann es einen signifikanten Schutz nach Herzinfarkt geben, wenn die am MI Verstorbenen vielleicht vorher schon viel zu viele Ballaststoffe zu sich genommen hatten? Ist es nicht eher so, dass ballaststoffreiche Vollkorn-Fans weniger Rauchen, weniger Alkohol zu sich nehmen und weniger riskantes, lebensverkürzendes Verhalten an den Tag legen? Sind Ballaststoffe vielleicht nur Surrogat-Parameter für ein gesundheits- und krankheitsbewussteres Leben?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Die Autorinnen und Autoren resümieren, dass die räumliche Nähe der Fasern und ihrer Verschaltungen zu unerwünschten Querverbindungen führen kann: Gastrische und abdominale Schmerzen führen dann in seltenen Fällen zu abnormen Herzmanifestationen.

© andranik123 / stock.adobe.com

Magentumor verursacht Herzproblem

Kasuistik: Protonenpumpenhemmer stoppt Arrhythmie