Deutschland

Negativtrend bei der Jodversorgung

In der Industrie Jodsalz statt Salz verwenden, und den Jodgehalt von jodiertem Speisesalz von 20 auf 25 μg pro Gramm Salz erhöhen: Das sind Maßnahmen, die den Jodmangel in Deutschland bereits deutlich mindern könnten.

Von Christina Ott Veröffentlicht:
Das Spurenelement Jod ist ein elementarer Baustein der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin T3 und T4.

Das Spurenelement Jod ist ein elementarer Baustein der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin T3 und T4.

© Kateryna_Kon / stock.adobe.com

Frankfurt / Main. Nachdem sich Deutschland bei der Jodversorgung lange Zeit auf einem guten Weg befunden hat, ist jetzt wieder ein rückläufiger Trend zu beobachten. Dies belegen unter anderem Ergebnisse aus dem Jodmonitoring der KiGGS-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2, Robert Koch-Institut, RKI).

Danach liegt die mittlere Jodausscheidung mittlerweile bei 88,8 μg / l Urin. „Dies entspricht nach den Kriterien der WHO einem milden Jodmangel auf Bevölkerungsebene“, wird Michael Thamm aus Berlin, vom Arbeitskreis Jodmangel e. V. (AKJ) auf dessen Homepage zitiert (www.jodmangel.de).

Der AKJ ist ein Zusammenschluss von 13 interdisziplinären, wissenschaftlichen Beiräten, die sich mit dem Thema Jodmangel in Deutschland beschäftigen.

58 Prozent unter WHO-Grenzwert

Rund 58 Prozent der untersuchten Kinder und Jugendlichen in Deutschland liegen mit ihrer Jodausscheidung unterhalb des WHO-Grenzwertes von 100 μg / l Urin, und sind somit von einem Jodmangel betroffen, erläutert Thamm. Vor elf Jahren seien es noch 41,5 Prozent gewesen.

„Damals lag die Jodausscheidung noch bei 117,6 μg / l Urin“, so der Epidemiologe, der für das Jodmonitoring in den nationalen Gesundheitssurveys des RKI im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft verantwortlich ist. „Dies ist ein Rückgang von fast 25 Prozent.“

Die geschätzte Jodzufuhr ging in diesem Zeitraum von 95 μg / Tag auf 83 μg / Tag zurück, ein Minus von 13 Prozent. In den einzelnen Altersklassen lag die tägliche Jodzufuhr bei den Jungen knapp über der Hälfte der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, bei den Mädchen jeweils knapp unterhalb der Hälfte.

Diese liegen zum Beispiel für 7- bis unter 10-Jährige bei 140 μg / Tag, für 10- bis unter 13-Jährige bei 180 μg / Tag und für 13- bis unter 15-Jährige bei 200 μg / Tag.

Jodmangel schlecht für Kognition

Ein Grund für den Jodmangel ist der geringe Anteil an jodiertem Speisesalz in verarbeiteten Lebensmitteln. Dies belegt auch eine Studie, die im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter anderem von der Universität Gießen vorgenommen wurde.

Demnach liefern verarbeitete Lebensmittel 80 bis 90 Prozent der täglichen Salzzufuhr. Aber nur 28,5 Prozent dieser Lebensmittel enthalten Jodsalz. Für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sei dieser Trend kritisch, so der Berliner Kinderendokrinologe und AKJ-Beiratsmitglied Dr. Klaus-Peter Liesenkötter auf der AKJ-Homepage.

Nicht nur, dass es bei Jodmangel ja bekanntermaßen zu einer Struma und in der Folge auch zu einer Zunahme von Schilddrüsenknoten kommen kann. Sondern, er ist auch mit ADHS und einer verminderten kognitiven Leistungsfähigkeit bei Kindern assoziiert – bei schwerem Jodmangel sogar mit bleibenden geistigen Störungen.

Wenn Salz, dann Jodsalz!

Um dem Mangel an Jod entgegenzuwirken, sollte daher für die Lebensmittelindustrie gelten: Wenn Salz, dann Jodsalz! Eine weitere Option wäre, – wie in der Schweiz – den Jodgehalt von jodiertem Speisesalz von 20 auf 25 μg pro Gramm Salz zu erhöhen.

„Zur Prävention der jodmangelbedingten Schilddrüsenvergrößerung zeigen Daten aus der Schweiz, dass ein nachhaltiges Salz-Jodierungsprogramm die Strumahäufigkeit bei Schulkindern auf unter fünf Prozent senken konnte,“ so Liesenkötter.

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Irene Gronegger 11.05.202011:12 Uhr

Warum streben wir im 21. Jahrhundert keine individuelle Jodprophlyaxe an? Ärzte sollten keine Gebiete behandeln, sondern Menschen, von denen manche tatsächlich knapp mit Jod versorgt sind. Andererseits fehlt Jod sicher nicht, wenn jemand Hashimoto, Morbus Basedow oder eine Autonomie hat. Bei Kindern könnte man zumindest eine Familienanamnese machen, ob eher eine Tendenz zur Struma oder eher zu Hashimoto und Basedow vorliegt oder nichts davon.

Der Arbeitskreis Jodmangel ist kein neutrales Fachgremium, sondern eine PR-Kampagne mit Sponsoren aus der Industrie.

Sonderberichte zum Thema
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Abb. 1: Delphi-Expertenkonsens: Übereinstimmung für die Bedeutung einer Supplementierung

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [1]

Delphi-Expertenkonsens

Update: wichtige Mikronährstoffe für Schwangerschaft und Stillzeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: P&G Health Germany GmbH, Schwalbach am Taunus
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommentar zur „Debatte“ um Arzttermine

Statt Neiddebatten lieber die richtigen Fragen beantworten

Lesetipps
Smiley und Jahreszahl 2024

© Aliaksandr / stock.adobe.com

Der positive Jahresrückblick

Diese guten Nachrichten gab es 2024 im Gesundheitswesen

Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

72 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025