WHO-Bericht
Nehmen Teenies zu häufig Schmerzmittel?
Einem WHO-Bericht zufolge ist der Gebrauch von Analgetika schon bei Jugendlichen weit verbreitet. Die Betroffenen neigen häufig dazu, auch Nervosität oder Schlafstörungen medikamentös zu bekämpfen.
Veröffentlicht:RIGA. Jeder dritte Jugendliche in Europa und den USA leidet offenbar unter Kopfschmerzen, knapp 30 Prozent unter Rückenschmerzen und etwa jeder fünfte unter Bauchweh (Eur J Pain 2014; online 8. Mai).
Das hat eine WHO-Studie zum Gesundheitsverhalten von Schulkindern gezeigt. Ausgewertet wurden Fragebögen von 36.762 Heranwachsenden aus 22 Ländern, die zum Zeitpunkt der Befragung (2009/2010) 15 Jahre alt waren.
Wie die Autoren um Dr. Inese Gobina von der Riga Stradins University in Lettland berichten, griffen die Jugendlichen, vor allem Mädchen, zur Bekämpfung ihrer Schmerzen besorgniserregend oft zu Medikamenten. Dabei fanden sich große Unterschiede, sowohl bei den Geschlechtern als auch bei den Ländern im internationalen Vergleich.
Präparate gegen Kopfschmerzen waren am häufigsten im Einsatz: Insgesamt die Hälfte der Befragten nahm solche Mittel ein, Mädchen eineinhalbmal so oft wie Jungen.
Die Rangliste wurde angeführt von Finnland, mit einer Prävalenz von über 70 Prozent bei den Mädchen und von knapp 55 Prozent bei den Jungen. Am kopfschmerzresistentesten waren bei den Jungen offenbar Ukrainer, Tschechen und Grönländer (jeweils etwa 30 Prozent), unter den Mädchen die Österreicherinnen; von ihnen griffen jedoch immer noch 41 Prozent zu Tabletten.
Auch mit Medikamenten gegen Bauchschmerzen waren weibliche Teenies besonders schnell bei der Hand. In Dänemark, Finnland und Schweden beispielsweise schluckten Mädchen solche Präparate fünfmal so oft wie ihre männlichen Altersgenossen (angesichts der Monatsschmerzproblematik überrascht das allerdings nicht, auch wenn die Autoren hierauf nicht eingehen).
Bemerkenswert für die Autoren war, dass Jugendliche, die immer wieder unter Kopf- oder Bauchschmerzen litten, auch gegen andere Schmerzarten häufig Tabletten einnahmen. So stieg der Konsum an Bauchschmerzmitteln bei chronisch Kopfschmerzgeplagten gegenüber Jugendlichen, denen der Kopf nur selten Probleme machte, um das Doppelte.
Teenager mit wiederkehrenden Rückenschmerzen waren eineinhalbmal so häufig Kandidaten für eine medikamentöse Therapie gegen Kopf- und Bauchschmerzen. Diese Zusammenhänge, betonen Gobina und Kollegen, waren für beide Geschlechter gleich stark ausgeprägt.
Und noch eine Assoziation fiel ins Auge: Wer immer wieder unter Schmerzen litt, neigte offenbar in besonderem Maße dazu, auch Schlafstörungen oder Nervosität mit Tabletten zu bekämpfen. Gegenüber Jugendlichen ohne chronische Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen war dieses Risiko laut WHO-Bericht verdoppelt.
Für die Autoren offenbart sich hier ein weitreichendes Problem: So sei bekannt, dass Schmerzen im Kindesalter sich häufig im Erwachsenenalter fortsetzen.
Dies gilt möglicherweise auch für den Umgang mit Schmerzmitteln. Besorgniserregend sei das vor allem auch, weil Jugendliche kaum mit den potenziellen Risiken einer langfristigen Einnahme von Schmerzmitteln vertraut seien, warnen die Forscher.
Häufiger Medikamentenkonsum bei Jugendlichen kann zudem ein Indikator für psychische Probleme sein. So wurde gezeigt, dass Jugendliche, die öfters Schmerzmittel schlucken, auch ein erhöhtes Risiko für Ängste, Depressionen und funktionelle Störungen haben.
Zu all dem besteht noch erheblicher Forschungsbedarf. Die WHO-Experten fordern, das Thema Schmerz bei Jugendlichen stärker in den Fokus der Gesundheitspolitik zu rücken. Vor allem Ärzte und Lehrer sind aufgerufen, auf Hinweise für eine nicht bestimmungsgemäße Medikamenteneinnahme bei Heranwachsenden zu achten.
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