Für ganz Europa gültig

Neue Leitlinie für sicheren Sex

Eine neue europäische Leitlinie soll die Bekämpfung sexuell übertragbarer Krankheiten erleichtern. Bisher gehen die Länder sehr unterschiedlich mit diesem Thema um.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Die schönste Nebensache der Welt ist nicht ohne Risiken - bei sexuell übertragbaren Krankheiten ist es wichtig, den jeweiligen Partner zu informieren.

Die schönste Nebensache der Welt ist nicht ohne Risiken - bei sexuell übertragbaren Krankheiten ist es wichtig, den jeweiligen Partner zu informieren.

© Imagery Majestic / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Wird bei einem Patienten eine sexuell übertragbare Krankheit (STI) diagnostiziert, müssen mögliche infizierte Partner schnellstens ausfindig gemacht und gegebenenfalls behandelt werden.

Europäische Leitlinien zu einem solchen Partnermanagement haben jetzt die "International Union Against Sexually Transmitted Infections" (IUSTI) und das "European Dermatology Forum" (EDF) zusammengestellt (JEADV 2015; online 7. Mai).

Empfohlen werden standardisierte Verfahren, um Infizierte zu identifizieren und zu therapieren. Weitere Ziele sind es, Infektionsketten zu unterbrechen und Menschen aus Risikogruppen zu sicheren Sexualpraktiken anzuhalten.

Rat zu standardisiertem Vorgehen

Bisher gibt es in Europa große Unterschiede bei der Umsetzung einer Partnertherapie. Diese werden durch die Rechtssituation und Gesetze, aber auch durch Kultur, Religion und das jeweilige Gesundheitssystem beeinflusst.

Die neuen Leitlinien sollen hier das Vorgehen angleichen, berichtet der Dermatologe Professor George Sorin Tiplica von der Universität in Bukarest zu den Leitlinien.

Ein Partnermanagement ist erforderlich bei Ulcus molle, Chlamydia-trachomatis-Infektionen, Granuloma inguinale, Epididymoorchitis, Gonorrhö, Hepatitis A, B und C, HIV-Infektion, nichtgonorrhoische Urethritis, entzündliche Beckenerkrankungen, Filzlausbefall, Scabies, Syphilis sowie Trichomonas-vaginalis-Infektionen.

Bei Genitalwarzen sei keine Partnerbehandlung erforderlich, sie könne aber sinnvoll zur Aufklärung über die Krankheit und zur Beruhigung der Betroffenen sein. Auch sei für das Partnermanagement bei Genitalinfektionen mit Herpes simplex 1 und 2 bislang kein klarer Nutzen bestätigt worden, so die STI-Experten.

Kooperation des Patienten

Alle Sexualpartner mit Infektionsrisiko müssen informiert werden, und zwar entweder vom Patienten selbst oder von geschultem Personal.

Wie lange sexuelle Kontakte zurückverfolgt werden müssen, hängt von der Art der Infektion ab: zehn Tage bei Ulcus molle, vier Wochen bei nicht gonorrhoische Urethritis, zwei Monate bei Trichomonaden-Infektionen und Scabies, drei Monate bei Gonorrhö und Filzlausbefall, sechs Monate bei Chlamydien-Infektionen, Epididymoorchitis und entzündlichen Beckenerkrankungen, bis zu ein Jahr bei Granuloma inguinale.

Bei Hepatitis A und B hängt die Partnerinformation vom geschätzten Zeitpunkt der Infektion ab; ergeben sich keine Anhaltspunkte, gilt bis zu zwei Wochen vor Einsetzen des Ikterus. Bei Hepatitis C hängt das Partnermanagement davon ab, ob einer der Partner zusätzlich mit HIV infiziert ist.

Bei frischen HIV-Infektionen sind die Partner der letzten drei Monate zu informieren oder aus der Zeit bis zum letzten negativen Test. Bei Syphilis ist ausschlaggebend, in welchem Stadium die Krankheit diagnostiziert wird: Liegt eine primäre Infektion vor, sind Sexualpartner der letzten drei Monate zu berücksichtigen (Lues II: sechs Monate, Lues III: zwei Jahre, Lues IV: bis zu 30 Jahre).

Voraussetzung für das Partnermanagement ist die Kooperation des infizierten Patienten. Er ist daher genau über die Maßnahmen, Komplikationen, Kontrolluntersuchungen und eine mögliche Prävention von Infektionen zu unterrichten. Auch muss er seine sexuellen Aktivitäten bis zum Ende der Behandlung einstellen.

Partnerbehandlung gesetzlich vorgeschrieben

Entweder der Patient selbst oder auch eine geschulte Fachkraft informierte die Sexualpartner. Den Betroffenen muss die Notwendigkeit einer sofortigen Untersuchung bei einem Arzt übermittelt werden.

Zudem wird über die Therapie-Optionen, das Komplikationsrisiko und die nötigen Kontrollen informiert. Erörtert werden müssen zudem sichere Sexualpraktiken sowie die Risiken für Reinfektion und Weiterverbreitung.

Wenn etwa ein Kindesmissbrauch oder andere illegale Vorgänge bekannt werden, können Ärzte von der Schweigepflicht entbunden werden. Das gilt auch, wenn davon auszugehen ist, dass ein Patient seine Infektion vor Sexualpartnern geheim hält.

In Deutschland sind Syphilis, HIV und Hepatitis B nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtig. In Europa ist die Partnerbehandlung gesetzlich vorgeschrieben.

Der Patient sollte seinem Arzt schriftlich erklären, dass er möglicherweise Betroffene benachrichtigen wird. Bestätigt sich bei einem der Sexualpartner die Infektion, wird dieser ebenfalls sofort behandelt und ein Partnermanagement für die Sekundärkontakte beginnt.

Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 15.06.201517:39 Uhr

warum nicht Klartext, wir sind hier die rote Laterne in Europa!

Persönliche Meldepflicht und andere Kontrollmaßnahmen (im Gewerbe) für Geschlechtskrankheiten wurde mit dem IfSG ABGESCHAFFT. Für AIDS hat es nie eine gegeben,
nur anonyme Laborkontrollen.
Politik hat speziell in Deutschland schon lange den Kontakt zu Medizin verloren.
Nennt man verantwortungslos.

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