Bei Sepsis
Neues Testverfahren kann Leben retten
Die Untersuchung auf Antibiotikaresistenzen bei Patienten mit Sepsis ist zeitaufwändig, und für viele Patienten kommen die Ergebnisse zu spät. Ein neues Verfahren liefert die Resultate jetzt deutlich schneller.
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Miniaturisierter Wachstumschip zur Erkennung bakterieller Resistenzen. So lässt sich klären, welches Antibiotikum die Erreger am schnellsten abtötet.
© Volker Lannert / Fraunhofer FIT
MÜNCHEN. Erkrankt ein Patient an einer Sepsis, zählt jede Sekunde. Zwar werden Patienten bei Verdacht auf Sepsis umgehend mit einem Breitbandantibiotikum behandelt, allerdings zeigt dies ja nicht immer die erhoffte Wirkung - etwa wenn die Bakterien resistent gegen die eingesetzten Medikamente sind.
60.000 Sepsis-Tote pro Jahr
Bis die Erreger im Labor identifiziert und auf mögliche Resistenzen untersucht sind, vergehen üblicherweise 60 bis 100 Stunden, teilt die Fraunhofer-Gesellschaft in München mit. Zeit, die der Patient nicht hat - die meisten sterben schon nach Ablauf von ungefähr 48 Stunden.
Allein in Deutschland erliegen jährlich etwa 60.000 Menschen einer Blutvergiftung, heißt es in der Mitteilung der Gesellschaft.
Dank eines neuen Verfahrens könnte diese Untersuchung weit schneller ablaufen. Sind die Resistenzen erkannt, können die Ärzte den Erkrankten dann mit einem spezifisch wirkenden Antibiotikum behandeln, das die Keime zuverlässig abtötet.
Möglich macht dies eine Technologie, die Forscher an den Fraunhofer-Instituten für Angewandte Informationstechnik FIT und für Lasertechnik ILT in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Aachen und zahlreichen Industriepartnern entwickelten.
"Mit unserer Untersuchungsmethode liegt das Ergebnis bereits nach neun Stunden vor", wird Professor Harald Mathis, Abteilungsleiter am FIT, in der Mitteilung zitiert.
Wie schaffen es die Wissenschaftler, die Bakterien im Patientenblut bis zu zehnmal schneller als bisher zu untersuchen? "Wir haben dafür ein miniaturisiertes System entwickelt, samt einem patentierten optischen Aufbau", verrät Mathis.
Sepsis-Erreger markiert
Zunächst werden die Sespis-Erreger markiert. Sobald man diese dann mit einem Laser anstrahlt, leuchten sie. Auf diese Weise können die Wissenschaftler einschätzen, wie viele Bakterien sich im Blut eines betreffenden Patienten befinden, so die Gesellschaft.
Im nächsten Schritt werden die Erreger vom Blut getrennt und in verschiedene miniaturisierte Töpfchen gelenkt. In diesen befindet sich jeweils ein Nährmedium mit einem speziellen Antibiotikum. Ein zweiter optischer Aufbau samt nötiger Analysesoftware beobachtet und dokumentiert genau, wie sich die Erreger entwickeln.
Wachstumsmonitor analysiert
Der Clou: Algorithmen werten die aufgenommenen Bilder der Bakterien aus und extrapolieren die Wachstumskurve. So lässt sich bereits nach einigen Stunden ermitteln, ob das jeweils eingesetzte Medikament wirkt oder ob die Bakterien dagegen resistent sind und sich großflächig ausbreiten.
Dieser Wachstumsmonitor berechnet mit seiner Software, wie sich die Erreger längerfristig entwickeln werden, heißt es in der Mitteilung.
Dabei analysiert das Programm sowohl die Größe des Bakterienteppichs - woraus man eins zu eins auf die Anzahl der Bakterien schließen kann - als auch das Verhältnis von lebenden zu abgetöteten Keime.
Kurzum: Die Wissenschaftler können mit Hilfe des neuen Verfahrens erkennen, welches Antibiotikum die Erreger am schnellsten abtötet. Und damit, welches Medikament dem Patienten am besten hilft.
Einen Prototyp des Wachstumsmonitors haben Wissenschaftler vor kurzem auf der Messe Biotechnica vom 6. bis 8. Oktober in Hannover vorgestellt. (eb)