Finger weg

Nicht den Blutdruck versalzen

Weniger Salz, niedriger Blutdruck: Wer sich über mindestens vier Wochen beim Salz zurückhält, kann dadurch erreichen, dass sein Blutdruck sinkt. Das gilt nicht nur für Hyptoniker, wie eine britische Studie zeigt.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Weniger ist manchmal mehr - zumindest beim Salzkonsum scheint sich das zu bewahrheiten.

Weniger ist manchmal mehr - zumindest beim Salzkonsum scheint sich das zu bewahrheiten.

© Benicce/fotolia.com

LONDON. Viele Studien haben gezeigt, dass mit der täglichen Kochsalzreduktion der Blutdruck und damit das kardiovaskuläre Risiko sinkt.

Kürzlich erregte jedoch eine Metaanalyse von Graudal et al. Aufsehen, die nahelegte, eine Salzreduktion könne möglicherweise nachteilige Effekte auf den Hormon- und Lipidstoffwechsel haben und damit den Nutzen der Blutdrucksenkung abschwächen.

Schwachpunkt der Analyse war allerdings, dass viele Kurzzeitstudien von zwei bis vier Wochen und Probanden mit sehr hohem Salzverbrauch und starken Absenkungen berücksichtigt wurden.

34 Studien mit 3230 Probanden

Um den Einfluss einer länger andauernden moderaten Kochsalzreduktion auf Blutdruck, Lipid- und Hormonwerte zu untersuchen, führten britische Wissenschaftler nun erneut einen systematischen Review und eine Metaanalyse randomisierter Studien durch (BMJ 2013; 346: f1325).

Insgesamt wurden 34 Studien mit 3230 Probanden berücksichtigt, die ihre Kochsalzaufnahme über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen bis hin zu einem Jahr um durchschnittlich 4,4 g / Tag (entsprechend dem Natriumgehalt im 24-h-Urin) verringert hatten.

Daraus ergab sich eine mittleren Absenkung des systolischen Blutdrucks um 4,18 mmHg, der diastolische sank um 2,06 mmHg.

In der Meta-Regressionsanalyse war eine signifikante Dosis-Wirkungs-Abhängigkeit zwischen Salzaufnahme und Abfall des systolischen Blutdruckwertes erkennbar.

Nach Adjustierung von Alter, ethnischer Zugehörigkeit und Blutdruckstatus (Hypertoniker, Normotoniker) war eine Salzreduktion von 6 g / Tag mit einem Abfall des systolischen Blutdrucks um 5,8 mmHg assoziiert. Die Drucksenkungen wurden bei Männern und Frauen im Alter zwischen 22 und 73 Jahren beobachtet.

In den Subgruppenanalysen ergab die Verminderung der Kochsalzaufnahme von 9,5 g / Tag auf 4,4 g / Tag über durchschnittlich fünf Wochen bei den Hypertonikern einen Blutdruckabfall von 5,39 / 2,82 mmHg.

Die Normotoniker, die über durchschnittlich vier Wochen statt 8,9 g / Tag nur noch 4,4 g / Tag aufnahmen, erreichten eine Drucksenkung von 2,4 / 1,0 mmHg.

Insgesamt zeigte die Salzrestriktion wie auch bereits in früheren Studien die stärksten Effekte bei Afrikanern, älteren Teilnehmern und Hypertonikern. Doch trotz dieser Unterschiede war die Wirkung über den längeren Zeitraum dennoch unabhängig von Blutdruck, Geschlecht und Ethnie signifikant erkennbar.

Kein Einfluss auf Fettstoffwechsel

Die verringerte Salzaufnahme verkleinert das extrazelluläre Volumen und stimuliert das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System sowie das sympathische Nervensystem. Diese auch hier beobachteten kompensatorischen Effekte fallen längerfristig bei moderater Salzrestriktion offenbar geringer aus.

Bei der Analyse der Hormonwerte zeigten sich entsprechende Veränderungen: Plasmareninaktivität + 0,26 ng / ml / h, Aldosteron + 73,2 pmol / l, Noradrenalin + 187 pmol / l, Adrenalin + 37 pmol / l.

Andere Studien geben Hinweise darauf, dass sich diese Werte langfristig weiter anpassen. Keine signifikanten Effekte hatte die Salzrestriktion auf den Lipidstoffwechsel: Gesamtcholesterin + 0,05 mmol / l, LDL + 0,05 mmol / l, HDL - 0,02 mmol / l und Triglyzeride + 0,04 mmol / l.

Fazit: Die Autoren gehen davon aus, dass bereits die Umsetzung der derzeitigen Empfehlungen, den täglichen Salzkonsum von 9-12 g auf 5-6 g zu reduzieren, einen deutlich erkennbaren Effekt auf die Blutdruckwerte haben wird.

Sie meinen aber auch, dass mit einer Absenkung der Kochsalzaufnahme um weitere 3 g noch größere Auswirkungen auf den Blutdruck zu erreichen seien und dies letztlich das langfristige Ziel sein sollte.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

ZENITH-Studie

Neue Therapie überzeugt bei fortgeschrittener pulmonaler Hypertonie

Fünf Studien

Lohnt sich Blutdrucksenkung unter 120 mmHg?

Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 25.04.201310:47 Uhr

Hypertensiologie: Deskriptive Epidemiologie vs. Intervention durch Salzrestriktion?

Unter dem Titel: "Eating too much salt led to 2.3 million heart-related deaths worldwide in 2010" im (AHA) American Heart Association Meeting report
http://www.eurekalert.org/pub_releases/2013-03/aha-etm031413.php
wurde rein deskriptiv-epidemiologisch spekuliert, dass hoher Salzkonsum weltweit direkt die kardiovaskuläre Mortalität ["deaths from heart attacks, strokes and other heart-related diseases"] erhöhen würde. Die angegebenen Sterberaten differierten aber zwischen 2.109 in der Ukraine, 429 in den USA und 73 in Qatar, jeweils bezogen auf 1 Million Erwachsene. Mehr als deutliche Hinweise auf eine rein zufällige Datenwolke, o h n e Koinzidenz oder gar Kausalität ["Among the 30 largest countries in the world, those with the highest death rates (per million adults) due to over consuming sodium were: •Ukraine – 2,109, •Russia – 1,803, •Egypt – 836 … Among all countries, the three countries with the lowest death rates (per million adults) due to over consuming sodium were: •Qatar – 73, •Kenya – 78, •United Arab Emirates – 134”].
Für die USA gaben die Forscher den 19. Platz an, mit 429 Todesfällen auf 1 Million Erwachsene, verursacht durch die Zufuhr von zu viel Kochsalz (einer von 10 US-Todesfällen, bezogen auf diese Ursachen) ["The U.S. ranked 19th out of the 30 largest countries, with 429 deaths per million adults due to eating too much sodium (representing 1 in 10 US deaths due to these causes)"].
Die Schlussfolgerungen verwirrten vollends, weil sie nahelegten, dass internationale Sterberaten offensichtlich v ö l i g u n a b h ä n g i g vom Salzkonsum differieren.

Dies steht in krassem G e g e n s a t z zu der oben hervorragend referierten Cochrane-Meta-Analyse von FJ He et al., die sich auf I n t e r v e n t i o n s s t u d i e n mit dem E r f o l g von Salzrestriktion beziehen. Titel: "Effect of longer term modest salt reduction on blood pressure: Cochrane systematic review and meta-analysis of randomised trials"
Zu bedenken bleibt allerdings die wissenschaftliche Herkulesaufgabe, bei der Ursachensuche für die essentielle Hypertonie bzw. hypertensive Herzkrankheit Krankheitsentitäten wie Adipositas, Alkoholabusus, Alter, Bewegungsmangel, Diabetes, Fehl-, Mangel oder Überernährung, genetische Disposition, hormonellen Einfluss, Hypertonie, Hyperlipidämie, idiopathische Arteriosklerose, KHK, metabolisches Syndrom, Nikotinabusus, PAVK mit einzubeziehen.
E i n e s bleibt allerdings sicher: Die totale Salzrestriktion wird uns n i e m a l s zur Unsterblichkeit verhelfen!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Überraschende Personalie

Eine Juristin wird Gesundheitsministerin: Das ist Nina Warken

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter

Sie fragen – Experten antworten

Herpes Zoster: Bei unbekanntem Immunstatus trotzdem impfen?

Lesetipps
Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

Husten und symbolische Amplitude, die die Lautstärke darstellt.

© Michaela Illian

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?