Kommentar zur Hypothyreose
Non nocere!
Es ist ein Grundsatz der Medizin, dem Patienten durch die Behandlung vor allem nicht zu schaden. Das "Primum non nocere" gebietet auch, hergebrachte Therapievorgaben daraufhin zu prüfen, ob sie im Licht neuer Erkenntnisse dem Grundsatz noch gerecht werden.
Zu beobachten ist etwa in der Onkologie, dass behutsamem Vorgehen inzwischen öfter der Vorzug vor radikalen Maßnahmen gegeben wird - etwa beim Prostata- oder Brustkrebs. Und in der Hochdruckmedizin haben sich die Hypertensiologen in den neuen europäischen Leitlinien auf weniger rigorose Grenzwerte geeinigt.
Eine Studie zur Thyroxintherapie der subklinischen Hypothyreose lässt sich nun als Argument für eine sanftere Endokrinologie verstehen. Sie hat gezeigt, dass die Verschreibungen zunehmen - womöglich deshalb, weil die Schwellenwerte für das TSH gesunken sind.
Die Zahlen stammen zwar aus Großbritannien. Für deutsche Ärzte sind sie gleichwohl interessant, da die Briten eine TSH-Schwelle von 10 µU/l im Blick hatten. Hierzulande wird diskutiert, ob 2,5 µU/l schon zu hoch seien.
Zu fragen ist, ob das Non-nocere dabei stets beachtet wird. Denn die britischen Forscher verweisen zu Recht darauf, dass eine subklinische Hyperthyreose mehr schaden könnte als eine latente Unterfunktion.
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