Nachsorge

Nur jeder zehnte Krebs-Überlebende lebt gesund

Erste Daten aus einem Programm zur Prävention von Spätfolgen nach einer Krebserkrankung in jungen Jahren belegen: Der Bedarf an Beratung und Unterstützung ist hoch.

Von Nicola Siegmund-Schultze Veröffentlicht:
Regelmäßigen Sport treiben lediglich 55 Prozent der Krebsüberlebenden.

Regelmäßigen Sport treiben lediglich 55 Prozent der Krebsüberlebenden.

© contrastwerkstatt / stock.adobe.com

Wenn Kinder oder Jugendliche eine Krebserkrankung überstanden haben, besteht lebenslang ein größeres Risiko für chronische Krankheiten. Je nach Art des Malignoms, nach der Ausreifung der Organe zum Zeitpunkt der Therapie und nach der kumulativen Dosis von Medikamenten oder von Bestrahlung ist das Risiko erhöht. Typische Spätfolgen sind Kardiomyopathien, venöse Thrombosen, Hyperlipidämie und Insulinresistenz, Infertilität, Seh- oder Hörstörungen, Osteonekrosen, endokrine Störungen und Sekundärmalignome.

Die Prävalenz für eine chronische Krankheit nach Krebs bei Kindern wird in den USA für Jugendliche bis 19 Jahre bereits auf 66 Prozent geschätzt, in der Gruppe der 40 bis 49-jährigen erreicht die Prävalenz 88 Prozent (Phillips SM, et al.: Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2015; 24: 653–63). Damit erhöht sich auch das Risiko für einen vorzeitigen Tod.

58 Prozent haben Übergewicht

In Deutschland leben circa 100 .000 Menschen mit maximal 39 Jahren, die eine Krebserkrankung überstanden haben. „Nur zehn Prozent der Krebsüberlebenden in dieser Altersgruppe haben einen gesunden Lebensstil ohne zusätzliche Intervention“, sagte Dr. Julia Mann, vom Universitären Cancer Center Hamburg (UCCH). 58 Prozent der jungen Krebsüberlebenden sind übergewichtig, berichtete Mann beim Deutschen Krebskongress (DKK) in Berlin, 82 Prozent essen weniger als fünf Einheiten Obst und Gemüse am Tag und 55 Prozent treiben selten Sport. Allein für kardiovaskuläre Krankheiten ist das Erkrankungsrisiko für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (children, adolescents and young adults; CAYA) nach Krebs fünf- bis 15-fach erhöht. Umgekehrt lässt sich die Sterblichkeit an Herzkreislauferkrankungen durch körperliche Aktivität um 39 bis 50 Prozent senken.

Ein Präventionsprogramm für diese Altersgruppe wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert: Care for CAYA. Die Teilnehmer sind mindestens 15, maximal aber 39 Jahre alt, hatten eine hämatoonkologische Erkrankung und sind aktuell tumorfrei. Die Interventionsziele: eine Minimierung der Belastungen, eine Verminderung von Langzeitfolgen und eine Reduktion kostenintensiver Folgebehandlungen. Angeboten werden Unterstützung für sportliche Aktivität, Beratung bei der Ernährung und psychoonkologische Betreuung.

Intervention zu früh abgebrochen

Von 1500 geplanten Studienteilnehmern waren bis zum Januar diesen Jahres 631 rekrutiert. Erste Daten einer individuellen Bedarfsanalyse aus der Hamburger Kohorte (167 Teilnehmer) haben ergeben: Drei Viertel der Kohorte benötigt Interventionen in mindestens einem der Bereiche, ein Viertel in allen drei. Davon bestand am häufigsten Bedarf an psychoonkologischer Beratung (55 Prozent). So litten 50,7 Prozent der Hamburger Kohorte an Erschöpfung, 40 Prozent hatten eine trockene oder juckende Haut, fast ebenso viele (39,7 Prozent) berichteten über Schmerzen, 38,6 Prozent über gestörten Schlaf, ebenso viele über Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen und fast jeder dritte (31,4 Prozent) über Kribbeln in Händen und/oder Füßen.

„Wir haben ein gut ausgearbeitetes Unterstützungsangebot in allen drei wesentlichen Bereichen“, sagte Mann. Die noch vorläufigen Daten zeigten aber: jeder dritte Teilnehmer bricht begonnene Interventionen vorzeitig ab. Als Gründe würden strukturelle Ursachen genannt, zum Beispiel lange Fahrwege, so die Internistin. Außer Effekten der Intervention sei es auch eine wichtige Aufgabe des Projektes festzustellen, was Krebsüberlebende dieser Altersgruppe daran hindere, Unterstützung anzunehmen.

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