Bertelsmann-Studie

Patienten schätzen Google als "Zweitmeinung" zum Arzt

Viele Patienten nutzen Google nach oder vor dem Arztbesuch, um Informationen einzuholen oder zu verifizieren. Ein Drittel veschweigt das allerdings in der Praxis, ergab eine aktuelle Erhebung.

Ruth NeyVon Ruth Ney Veröffentlicht:
Wer sich im Internet über Gesundheitsthemen informiert, tut das oft im Vorfeld eines Arztbesuches, wie eine Befragung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ergeben hat.

Wer sich im Internet über Gesundheitsthemen informiert, tut das oft im Vorfeld eines Arztbesuches, wie eine Befragung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ergeben hat.

© Gajus / stockadobe.com

GÜTERSLOH. Konkurrenz oder Ergänzung? „Dr. Google“, also die Recherche nach Gesundheitsthemen im Internet wird von Patienten häufig konsultiert. Schnell im Netz die eigenen Beschwerden suchen oder das vom Arzt empfohlene Medikament googeln. Mit dem gefundenen Ergebnis sind die meisten zufrieden, wie eine am Freitag veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung ergeben hat.

Dahinter steht zum einen ein wachsendes Informationsbedürfnis der Menschen in Deutschland zu Gesundheitsthemen generell. Der Anteil der Bürger, die sich in den vergangenen zwölf Monaten darüber informiert haben, ist von 2001 bis heute von 65 auf 88 Prozent gestiegen. 46 Prozent der Menschen, die sich Gesundheitsthemen gewidmet haben, haben das Internet als Quelle genutzt, jeder zweite von ihnen geht mindestens einmal im Monat zu Dr. Google.

 Sie fühlen sich im Netz auch gut bedient mit ihren Fragen: 52 Prozent sind immer oder meistens zufrieden mit den Suchergebnissen, nur drei Prozent selten zufrieden. 58 Prozent der Internet-Nutzer wiederum sind vor einem Arztbesuch online gegangen, und 62 Prozent recherchierten nach einem Arzttermin noch im Web nach. Das zeigt die Studie, die auf einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage aus dem Herbst des vergangenen Jahres und auf Tiefeninterviews beruht.

 49 Prozent der Patienten beurteilten das wachsende Angebot an Gesundheitsinformationen im Netz als Ergänzung zu den Informationen des Arztes.

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Im Netz häufig konsultierte Adressen für Gesundheitsinformationen sind an erster Stelle Online-Lexika. Sie nutzen fast drei von vier Befragten (72 Prozent), gefolgt von den Internetseiten der Krankenkassen (49 Prozent) sowie Gesundheitsportalen (42 Prozent). Danach folgen Webseiten von Ärzten und Krankenhäusern (39 Prozent).

Wie die Stiftung aufgrund der Patientenaussagen berichtet, gehen bereits gut 60 Prozent der Ärzte auf die selbst recherchierten Infos ein. Allerdings würden nur 40 Prozent der Ärzte auf gute Informationsquellen proaktiv verweisen und nur ein Fünftel ermutige ihre Patienten, sich selbst zu informieren. 14 Prozent raten demnach sogar davon ab.

Angst vor Reaktion des Arztes

Umgekehrt verschweigen 30 Prozent der Patienten ihrem Arzt den Besuch bei "Dr. Google". Ein Viertel hat sogar Angst, dass der Arzt sich darüber ärgert.

Die Motive der Online-Suchenden sind sehr vielfältig, wie die Tiefeninterviews ergaben. Sie reichen von der Überprüfung ärztlicher Empfehlungen über die allgemeine Information zu Behandlungsalternativen bis hin zum Austausch und emotionale Unterstützung im Krankheitsfall. Die Recherche gebe ein Gefühl von Sicherheit, Beruhigung oder auch Zerstreuung.

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So verschieden die Suchmotive, so groß ist die Zufriedenheit mit den Treffern. 52 Prozent sind "immer zufrieden" oder "meistens zufrieden", 44 Prozent sind "teils, teils zufrieden", "selten zufrieden" sind nur zwei Prozent der Befragten. Niemand ist der Erhebung zufolge mit den eigenen Suchergebnissen "immer unzufrieden".

Wie unseriöse Quellen erkennen?

Rund zwei von drei Befragten (65 Prozent) räumten zugleich ein, es sei schwierig zu erkennen, welche Informationen vertrauenswürdig sind und welche nicht. Jeder Zweite (51 Prozent) gab zudem an, die Fülle der Informationen verwirre.

Dass Patienten bei ihrer Suche auch auf Fehlinformationen treffen und unseriösen Websites vertrauen, ist unbestritten. "Um Patienten vor gezielten Falschinformationen zu schützen, muss im Sinne einer Marktwächterfunktion konsequent dagegen vorgegangen werden. Bislang gibt es dafür wenig Konzepte und Verantwortlichkeiten", kritisiert Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

Einen Schritt in diese Richtung wird mit einem neuen Projekt angestrebt, initiiert von einem Bündnis aus medizinischen Experten. Sie sollen noch in diesem Jahr eine "Suchmaschine der Vernunft" installieren, damit sich Patienten im Internet zu medizinischen Sachverhalten seriös, kompetent und werbefrei informieren können, wie die "Osnabrücker Zeitung" berichtet. (mit ger und dpa)

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