Belastung im Job

Psychostress bringt Frauen Schmerzen

Ob Arbeiter oder Angestellte aufgrund ihrer Tätigkeit muskuloskelettale Schmerzen entwickeln und wenn ja welche, ist offenbar geschlechtsabhängig. Französischen Forschern zufolge gibt es bei Frauen andere Ursachen als bei Männern.

Veröffentlicht:
Autsch: Stress in der Klinik.

Autsch: Stress in der Klinik.

© Getty Images/Wavebreak Media

TOULOUSE. Bestimmte Bedingungen am Arbeitsplatz werden heute eindeutig mit der Entwicklung von muskuloskelettalen Schmerzen in Verbindung gebracht. Dazu gehören neben körperlichen auch psychosoziale Faktoren wie hohes Arbeitsaufkommen, geringe Einflussnahme auf die Arbeitssituation oder mangelnde Unterstützung durch Mitarbeiter oder Vorgesetzte.

Ein französisches Team hat nun untersucht, welche Faktoren für die Schmerzentstehung in einzelnen Körperregionen entscheidend sind und welche Rolle das Geschlecht des Arbeitnehmers dabei spielt (Pain 2014; online 20. Februar).

Die Grundlage bildete die ESTEV-Studie (Enquête santé, travail et vieillissement), eine epidemiologische Longitudinalstudie, in der französische Arbeitnehmer zweimal im Abstand von fünf Jahren gebeten wurden, Fragen zu Arbeitsbedingungen und Gesundheitsstatus zu beantworten.

Berücksichtigt wurden die Daten von 12.591 ausgewählten Teilnehmern der Jahrgänge 1938, 1943, 1948 und 1953. Zum Zeitpunkt der ersten Befragung im Jahr 1990 waren alle schmerzfrei, beim zweiten Durchlauf 1995 berichteten 2162 Teilnehmer über verschiedenste muskuloskelettale Schmerzen. Insgesamt klagten 17 Prozent über regional begrenzte, 25,6 Prozent über multilokale Schmerzen.

Bei der Lokalisation der Schmerzen und auch bei der auslösenden Tätigkeit registrierten die Forscher deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: So klagten Frauen, die am Arbeitsplatz immer die gleichen Handgriffe verrichteten, bevorzugt über Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich.

Schmerzen in diesem Bereich lagen bei den Männern vor allem Kraftanstrengungen oder Vibrationen zugrunde. Letztere waren dagegen bei den Frauen eher prädiktiv für Schmerzen im Arm und im Bereich der Lendenwirbelsäule. Arbeit mit Werkzeugen ging bei Frauen wiederum eher schmerzhaft in die Arme als bei Männern.

Was besonders auffiel: Frauen, die einerseits hohen psychischen Anforderungen genügen mussten, gleichzeitig aber wenig Entscheidungsfreiheit hatten, bekamen besonders häufig Schmerzen an mehreren Köperstellen gleichzeitig (untersucht wurden die Komplexe Schulter/Hals, Ellbogen/Unterarm/Hand, untere Lendenwirbelsäule, Hüfte/Knie/Fuß).

Bei Männern war dies nicht der Fall. Dagegen resultierten körperliche Anstrengungen über die Jahre bei beiden Geschlechtern in etwa gleichem Maße in multilokalen Schmerzen. Das Risiko für solche MSP (multisite pain) hing außerdem vom Alter ab: Bei Frauen war es schon bei den 42-Jährigen hoch, bei Männern gipfelte es erst im Alter von 47 Jahren. Auch Rauchen stellte nur bei den Frauen einen Risikofaktor für MSP dar; im Vergleich zu Nichtraucherinnen war das Risiko um 50 Prozent erhöht.

Vor allem bei Frauen sind psychologische Faktoren als potenzielle Ursachen chronischer Schmerzen arbeitsmedizinisch relevant, resümieren die Forscher um Fabrice Herin von der Universität Toulouse. Bei Männern seien dagegen eher kraftaufwendige Tätigkeiten prädiktiv für Schmerzen. Diese Zusammenhänge müsse man im Hinblick auf präventive Maßnahmen berücksichtigen. (EO)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Hohe Dunkelziffer

Suchtbericht MV: Alkohol weiterhin größtes Problem

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

EvidenzUpdate-Podcast

Hoffnung und Kollaps – wie Lecanemab uns herausfordert

Lesetipps
Ein sich auftürmender Geldstapel.

© Sascha Steinach/ZB/picture alliance

Finanzielle Lage der GKV

Zusatzbeiträge 2025: Hiobsbotschaften im Tagesrhythmus

 Hausarzt Werner Kalbfleisch

© Südwest Presse / Verena Eisele

Ende eines jahrelangen Verfahrens vor den Prüfgremien

Hausarzt geht mit XXL-Regress in die Rente

Die Forschenden nahmen die langfristigen Auswirkungen der essenziellen Metalle Kobalt, Kupfer, Mangan und Zink, sowie der nicht-essenziellen Metalle Arsen, Cadmium, Blei, Wolfram und Uran auf die kognitiven Funktionen in den Blick.

© Naeblys / Getty Images / iStock

Umweltbelastung

Metalle im Urin sind mit kognitivem Abbau assoziiert