Depression

Psychotherapie funktioniert auch via Internet

Kann das Internet das Sprechzimmer des Psychotherapeuten ersetzen? Bei der Behandlung einer Depression offenbar schon, wie eine deutsch-schweizerische Studie zeigt.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Depressive werden bei der Online-Therapie durch einen Therapeuten im Hintergrund begleitet.

Depressive werden bei der Online-Therapie durch einen Therapeuten im Hintergrund begleitet.

© pressmaster / fotolia.com

LEIPZIG. Depressionen sind heute so weit verbreitet, dass die zur Verfügung stehenden Therapieressourcen der Zahl der Patienten kaum mehr gerecht werden können.

Not macht erfinderisch, und so begann die Suche nach kostengünstigen Therapiemöglichkeiten, mit denen möglichst viele Patienten erreicht werden können.

Die Wirksamkeit von Psychotherapien über das Internet konnte bereits in früheren Studien beobachtet werden. Nun verglichen Wissenschaftler der Universitäten Leipzig und Zürich die Online-Methode direkt mit einer konventionellen Therapie im Sprechzimmer.

Die achtwöchige Behandlung basierte auf den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie (Journal of Affective Disorders 2013; ePub 23. Juli).

62 Probanden wurden behandelt

62 Probanden mit Depressionen wurden randomisiert entweder einer Behandlung vor Ort durch einen Therapeuten (Sprechzimmertherapie an der Universität Zürich, 1 h/Woche + Hausaufgaben) oder einer internetbasierten, durch einen Therapeuten im Hintergrund begleiteten Interventionsgruppe (Online-Therapie) zugeordnet.

Die Online-Gruppe bearbeitete die gleichen Themen und Aufgaben in derselben Reihenfolge wie die Sprechzimmer-Gruppe, nur wurden diese vom Therapeuten schriftlich gestellt und vom Patienten per Computer bearbeitet.

Maß für den primären Erfolg war das Beck Depression Inventory-II (BDI-II). Insgesamt lag zu Beginn der Studie bei 20% der Probanden eine leichte bis mittelgradige Depression vor (BDI-Score: 11-17), 60% litten unter einer mittelgradigen bis schweren Form (BDI-Score: 18-29) und 20% zeigten einen BDI von mindestens 30.

Längerfristige Therapieerfolge via Internet

Die Intention-to-treat-Analyse ließ keinen signifikanten Unterschied zwischen Online- und Sprechzimmer-Behandelten erkennen. In beiden Gruppen verringerten sich die Depressionswerte deutlich.

In der Online-Gruppe waren nach Abschluss der Behandlung 53%, in der Sprechzimmer-Gruppe 50% der Probanden beschwerdefrei (BDI-II = 10). Symptome wie Angst, Hoffnungslosigkeit, Selbstwertgefühl und negative Gedanken verbesserten sich deutlich.

Die Effektstärke innerhalb der einzelnen Gruppen wird mit d = 1,27 (Online) und 1,37 (Sprechzimmer) als groß angesehen.

Drei Monate nach Therapieende war bei 57% Online-Teilnehmer keine Depression mehr diagnostizierbar. In der Gruppe mit konventioneller Therapie dagegen stieg die Zahl der Symptome in diesem Zeitraum wieder etwas an, sodass hier nur noch 42% ohne Beschwerden waren.

Insgesamt entsteht der Eindruck, als sei der Effekt drei Monate nach Therapieende in der Online-Gruppe sogar größer als in der Sprechzimmer-Gruppe.

Studienteilnehmer nutzten Therapiekontakte

In beiden Gruppen waren die allermeisten Probanden mit der Behandlung zufrieden. Und obwohl die Online-Gruppe nur schriftlich mit ihrem Therapeuten kommunizierte, schätzten im Gegensatz zu früheren Untersuchungen 96% der Teilnehmer den Kontakt zu diesem als persönlich ein (vs. 91% in der Sprechzimmergruppe).

Offenbar nutzten die Online-Probanden die Therapiekontakte sehr intensiv und fühlten sich für ihr Fortkommen selbstverantwortlich. Möglicherweise, so die Autoren schafft auch gerade die Anonymität der Online-Situation für diese Patienten einen Vorteil gegenüber konventionellen Therapien.

Welche Vorteile eine Online-Behandlung für einzelne Patienten bringt und ob sie sich als gleichwertige Therapieoption etablieren kann, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

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