Schlaganfall-Patienten
Pulsmessung spürt zuverlässig Vorhofflimmern auf
Nach einem Schlaganfall lassen sich schon per Pulsmessung an der Arteria radialis recht zuverlässig Arrhythmien aufspüren - auch wenn die Messung durch den Patienten oder Angehörige erfolgt. Fehlalarm gibt es dabei nur selten.
Veröffentlicht:ERLANGEN. Ein implantierter Event-Rekorder wäre wohl die zuverlässigste Methode, um ein Vorhofflimmern nach einem kryptogenen Schlaganfall aufzuspüren.
Doch zum einen wird dies bei der Vielzahl der Betroffenen aus rein finanziellen Gründen kaum möglich sein, zum anderen mag nicht jeder Patient mit einem solchen Gerät herumlaufen, vor allem nicht, wenn es erst durch einen Eingriff implantiert werden muss.
Gefragt sind für das Gros der Patienten also wesentlich einfachere Methoden, um ein Vorhofflimmern aufzuspüren.
Nur selten Fehlalarm
Mit einer Studie haben Neurologen um Dr. Bernd Kallmünzer von der Universität in Erlangen nun die gute alte Pulsmessung an der Arteria radialis aufgewertet. Sie gewährt offenbar schon mal einen recht guten Hinweis auf ein Vorhofflimmern und hat einen entscheidenden Vorteil: Sie kann schnell von Patienten und Angehörigen erlernt und problemlos zuhause angewandt werden.
In ihre Untersuchung haben die Ärzte um Kallmünzer 256 Patienten einbezogen, die in ihrer Klinik aufgrund eines ischämischen Schlaganfalls behandelt worden waren.
Bei einem Teil dieser Patienten war bereits während oder vor der Klinikeinweisung ein asymptomatisches Vorhofflimmern diagnostiziert worden; die meisten hatten permanente Arrhythmien, bei ihnen ließ sich also gut feststellen, ob solche Störungen bei einer Pulsmessung erkannt werden.
Bei allen Patienten wurde nun der Puls gemessen, und zwar sowohl vom medizinischen Fachpersonal als auch von den Patienten selbst oder von deren Angehörigen. Zugleich erfasste ein 6-Kanal-EKG den Herzrhythmus.
Das EKG erkannte während der Pulsmessung bei 57 Patienten (22,3 Prozent) ein Vorhofflimmern sowie bei 27 Patienten (10,5 Prozent) einen Sinusrhythmus mit vorzeitigen Schlägen. Nun schauten die Forscher um Kallmünzer, wie viele der per EKG gemessenen Episoden bei der Pulsmessung richtig erkannt wurden (Neurology 2014, online 23. Juli)
Wurde der Puls vom medizinischen Fachpersonal gemessen, so lagen die Sensitivität bei knapp 97 Prozent und die Spezifität bei 94 Prozent. Die auftretenden Arrhythmien wurden also sehr präzise erkannt, zugleich gab es selten Fehlalarm.
Hohe Spezifität
196 Patienten konnten ihren Puls zuverlässig selbst messen. Bei diesen Patienten war die Sensitivität mit 54 Prozent schon deutlich niedriger als beim Fachpersonal, die Spezifität war mit 96 Prozent aber sogar noch höher. Die Patienten bemerkten bei der Pulsmessung also viel seltener eine tatsächliche Arrhythmie, ein Fehlalarm kam aber ebenfalls etwas seltener vor.
Noch deutlicher wird dies beim positiven prädiktiven Wert: Hier erreichten die Patienten 77 Prozent - in mehr als drei Viertel der Fälle, in denen die Patienten eine Arrhythmie bemerkten, hatten sie auch tatsächlich eine. Beim medizinischen Fachpersonal lag dieser Wert bei 82 Prozent.
In der Mitte bei der Messgenauigkeit lagen die 135 geschulten Angehörigen: Sie erkannten die Arrhythmien mit einer Sensitivität von 77 und einer Spezifität von 93 Prozent; der positive Vorhersagewert lag hier bei 79 Prozent.
Was lässt sich nun aus der Studie schließen? Tritt gerade ein Vorhofflimmern auf, kann medizinisches Personal dies fast genauso gut durch eine Pulsmessung feststellen wie ein EKG. Patienten und Angehörige schneiden bei der Pulsmessung zwar deutlich schlechter ab, wenn sie aber Auffälligkeiten feststellen, dann liegt zumeist tatsächlich ein Vorhofflimmern vor.
Die regelmäßige Pulsselbstmessung durch geschulte Patienten und Angehörige sei daher eine sehr einfache und effektive Screeningmethode, um ein Vorhofflimmern aufzuspüren, schreiben Kallmünzer und Mitarbeiter. Finden Patienten und Angehörige Auffälligkeiten, müssten diese natürlich per EKG gründlich überprüft werden. (mut)