Schizophrenie

Radeln verbessert Gedächtnis

Schizophrenie-Kranke profitieren von mehr Bewegung: Die kognitive Leistung nimmt durch Ergometertraining deutlich zu, die Negativsymptome gehen zurück. Möglicherweise liegt dies an Veränderungen im Hippocampus.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Mit körperlicher Aktivität verbessern sich auch die Negativsymptome einer Schizophrenie.

Mit körperlicher Aktivität verbessern sich auch die Negativsymptome einer Schizophrenie.

© Peter Endig /ddp

DRESDEN. Bei Schizophrenie machen den Betroffenen bekanntlich nicht nur Wahnsymptome zu schaffen, auch kognitive Defizite sind ein Problem: Komplexe Zusammenhänge werden oft nicht mehr erfasst, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Exekutivfunktionen sind gestört, die kognitive Flexibilität leidet.

Offenbar werden solche Störungen durch hirnstrukturelle Änderungen mitverursacht. So haben Post-Mortem-Analysen gezeigt, dass der Hippocampus bei Schizophrenie-Patienten beidseitig verkleinert ist.

Um den Hippocampus wieder etwas zu vergrößern, bietet sich eine einfache Methode an: Sport.

Im Tierversuch kam es bei verstärkter körperlicher Bewegung zu einer Volumenzunahme des Hippocampus und zur Bildung neuer Nervenzellen in dieser für das Gedächtnis wichtigen Struktur.

Die Vergrößerung ging in der Regel auch mit einer verbesserten Kognition einher - sowohl im Tierversuch als auch in klinischen Studien, in denen das Hippocampus-Volumen per MRT bestimmt wurde.

Auch wenn sich die Volumenzunahme nicht allein durch die Neurogenese erklären lässt und bisher noch nicht klar ist, wie und weshalb Sport das Volumen erhöht, so scheint die Veränderung mit einer besseren Hirnleistung einherzugehen.

Darauf hat Professor Andrea Schmitt von der LMU München beim 86. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Dresden hingewiesen.

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Forscher um Schmitt und den Münchner Psychiater Professor Peter Falkai haben nun in Studien untersucht, ob auch Schizophrenie-Patienten ihren Hippocampus durch Sport vergrößern und ihre kognitive Funktion verbessern können.

Dazu haben sie zunächst jeweils acht Patienten und acht gesunde Probanden per Fahrradergometer drei Monate lang dreimal wöchentlich für eine halbe Stunde trainiert.

Die Leistung wurde anhand der körperlichen Fitness festgelegt: Der Laktatwert sollte bei allen im Bereich von 14-18 mg/dl liegen. Als Kontrollgruppe dienten acht Schizophrenie-Patienten, die dreimal 30 Minuten lang pro Woche Tischfußball spielten.

Tatsächlich nahm mit dem körperlichen Training das Hippocampus-Volumen deutlich zu: Um 16% bei den gesunden Probanden und um 12% bei den trainierten Patienten.

Praktisch keine Veränderung zeigten die Patienten in der Kontrollgruppe (minus 1%).

Bei den trainierten Patienten ging der Zuwachs mit einem besseren Kurzzeitgedächtnis einher: In Tests steigerten sie die Leistung um ein Drittel, in der Kontrollgruppe sank sie um 17%. Keine signifikanten Änderungen gab es beim Langzeitgedächtnis.

Insgesamt gingen auch die Schizophrenie-Symptome in der Trainingsgruppe etwas zurück, wohingegen sie bei den Tischtennisspielern leicht zunahmen. Hier gab es aber keinen Zusammenhang mit der Hippocampus-Veränderung.

Kombiniertes Training von Vorteil

Die Daten wurden nun in einer ähnlichen und etwas größeren Studie mit 22 chronisch erkrankten Schizophrenie-Patienten bestätigt. Sie litten besonders unter Negativsymptomen und kognitiven Defiziten, sagte Schmitt.

Im Unterschied zur ersten Studie bekamen alle Teilnehmer zusätzlich ein spezielles kognitives Training. Untersuchungen hatten nahe gelegt, dass vor allem die Kombination von körperlichem und geistigem Training die Hirnfunktion verbessert.

Erste Auswertungen bestätigten eine bilaterale Hippocampus-Vergrößerung in den Trainingsgruppen. Zudem waren die körperlich trainierten Patienten aktiver und seltener krank, auch die Negativsymptomatik ging nach der sechsten Trainingswoche zurück.

Mit dem kombinierten körperlichen und kognitiven Training zeigten sich nicht nur signifikante Verbesserungen beim Kurzzeitgedächtnis, sondern auch beim Langzeitgedächtnis und den Exekutivfunktionen. Nun soll geklärt werden, ob die Effekte langfristig anhalten.

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