Gutartige Schilddrüsenknoten

Regelmäßige Kontrollen meist überflüssig

Bei kleinen oder zytologisch unauffälligen Schilddrüsenknoten wird in den meisten Leitlinien zwar noch zu regelmäßigen Kontrolluntersuchungen geraten. In den meisten Fällen könnten sich Patienten die allerdings sparen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Bei der Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse werden häufig Knoten entdeckt.

Bei der Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse werden häufig Knoten entdeckt.

© Alterfalter / fotolia.com

ROM. Etwa jeder zweite Mensch entwickelt gutartige, asymptomatische Schilddrüsenknoten - darauf deuten zumindest Autopsiestudien. Allerdings bieten Knoten, wenn sie zufällig bei bildgebenden Untersuchungen entdeckt werden, oft Anlass zur Sorge.

Durch die weite Verbreitung von CT und Sonografie sind solche Zufallsbefunde sehr häufig geworden.

Bisher wird in den meisten Leitlinien zwar dazu geraten, auffällige Knoten regelmäßig per Ultraschall oder Feinnadelpunktion zu überwachen, und zwar dann, wenn sie eine gewisse Größe überschreiten oder sonografische Kriterien für ein erhöhtes Malignitätsrisiko erfüllen.

Allerdings bestehen an dieser Praxis durchaus Zweifel: So gibt es bislang wenige Hinweise aus Studien, dass regelmäßige Kontrollen die Tumordetektionsrate nennenswert erhöhen.

Ganz im Gegenteil: Eine Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen spricht gegen eine im Zweifel lebenslange Kontrolle der meist harmlosen Knoten.

Eine vor zwei Jahren erschienene Publikation legt etwa nahe, dass spätestens nach drei Jahren mit den Kontrollen Schluss sein sollte: Wenn sich bis dahin kein klarer Anhaltspunkt für eine Malignität ergibt, dann passiert das auch später nicht mehr (Journal oft the American College of Surgeons 2013; 217(1): 81-88).

Über 1500 Patienten beobachtet

Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommen nun auch Ärzte um Dr. Cosimo Durante von der Universität in Rom (JAMA 2015; 313(9): 926-935). Sie stellten jedoch fest: Bei manchen Knoten lohnt sich eine engmaschige Kontrolle, bei anderen nicht.

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler knapp 1000 Patienten mit über 1500 als gutartig diagnostizierten Schilddrüsenknoten über fünf Jahre hinweg beobachtet. Aufgenommen wurden drei Gruppen von Patienten: Solche mit kleinen Knoten (< 1 cm), die in der Regel nicht biopsiert werden, dazu gehörten 55 Prozent aller Knoten.

Die zweite Gruppe bestand aus Patienten mit sonografisch auffälligen Knoten > 1 cm. Hier zeigte das Ultraschall Risikofaktoren für eine Malignität, also etwa Hypoechogenität, Mikrokalzifikationen, solide, unregelmäßige Begrenzung, kein Halo, intranoduläre Vaskularisierung oder ein größerer anteposteriorer wie transverser Durchmesser.

Etwa 40 Prozent der Patienten zählten zu dieser Gruppe. Bei ihnen war die Gutartigkeit durch eine Feinnadelaspirationszytologie festgestellt worden. Ihnen wurde fünf Jahre später erneut eine Feinnadelpunktion angeboten, etwa zwei Drittel nahmen das Angebot an.

Die dritte Gruppe bestand aus Patienten mit sonografisch unauffälligen Knoten > 10 cm (5 Prozent aller Knoten). Alle Patienten wurden nun zu jährlichen Ultraschalluntersuchungen eingeladen.

Wie sich herausstellte, hatten sich die Knoten bei den meisten Patienten (69 Prozent) in der Größe nicht verändert, bei 18,5 Prozent war mindestens ein Knoten geschrumpft, bei 15,5 Prozent mindestens einer deutlich gewachsen (um = 20 Prozent). Von allen ursprünglich erfassten Knoten waren lediglich 11 Prozent gewachsen. Nur bei 9 Prozent der Patienten kamen neue Knoten hinzu.

Ein Schilddrüsenkarzinom wurde schließlich bei fünf Knoten (0,3 Prozent) identifiziert, vier davon stammten aus der Gruppe der Patienten, die bereits zu Beginn aufgrund sonografischer Auffälligkeiten punktiert worden waren.

Danach waren nur 1,1 Prozent der biopsierten Knoten falsch-negativ klassifiziert worden.

Kaum Malignität bei kleinen Knoten

Dagegen erwies sich nur einer von 852 Knoten < 1 cm (0,1 Prozent) im Laufe der Studie als maligne. Dieser Knoten wurde erst im fünften Jahr durch Hypoechogenität und unscharfe Grenzen auffällig. Bei zwei weiteren Patienten traten neue Knoten auf, die sich als Karzinom entpuppten.

Die Analyse der Daten ergab zudem, dass am ehesten die großen Knoten wuchsen, weit seltener wurde eine Vergrößerung bei Patienten mit Knoten unter 7,5 mm beobachtet, auch bei älteren Patienten kam es seltener zum Wachstum solcher Strukturen, bei dicken Älteren dagegen häufiger.

Entschieden sich die Knoten zu wachsen, taten sie das meist recht früh, häufig bereits im ersten Jahr. Aufgrund dieser Daten schlagen die Studienautoren vor, dass bei kleinen (< 1 cm) und zytologisch unauffälligen Knoten eine erneute Ultraschalluntersuchung nach einem Jahr genügt.

Wenn die Knoten in dieser Zeit nicht gewachsen sind, reiche eine weitere Untersuchung nach fünf Jahren. Allenfalls bei sehr jungen Patienten oder älteren Übergewichtigen mit multiplen oder großen Knoten (> 7,5 mm) seien engmaschigere Untersuchungen nötig, schreiben die Ärzte um Durante.

In einem Kommentar zu der Untersuchung weisen Endokrinologen um Dr. Anne Cappola von der Perelman School of Medicine in Philadelphia darauf hin, dass man sich das Screening von zytologisch geprüften Knoten, die keine Auffälligkeiten im Ultraschall zeigen, komplett sparen kann.

Alle vier Karzinome in der biopsierten Gruppe hatten solche Auffälligkeiten, dagegen sei die Größe alleine kein Hinweis für eine Malignität.

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