Diabetiker
Risiko für Erblindung und Amputation lässt sich berechnen
Britische Forscher haben einen Risikorechner für Diabetiker entwickelt. Mit ihm können Zuckerkranke bestimmen, wie gefährdet sie für Erblindung und Amputationen sind.
Veröffentlicht:NOTTINGHAM. Epidemiologen um Professor Julia Hippisley-Cox von der Universität Nottingham haben ein Vorhersageinstrument für schwere Komplikationen durch Retinopathie oder diabetischen Fuß entwickelt.
Ausgewertet wurden dazu Daten von etwa 455.000 Typ-1- und Typ-2-Diabetikern im Alter von 25 bis 84 Jahre aus Allgemeinarztpraxen in Großbritannien (QResearch Datenbank).
Ergebnis: In der QResarch-Basiskohorte kam es bei mehr als 8000 Patienten im Follow-up zur Erblindung, bei mehr als 4800 Patienten musste mindestens ein Unterschenkel amputiert werden (BMJ 2015; 351: h5441).
Das entsprach pro 1000 Personenjahre einer Erblindungsrate von 3,43 (Frauen) und 3,03 (Männer). Die Amputationsraten lagen bei 1,34 (Frauen) und 2,36 (Männer).
Die Ergebnisse ließen sich in zwei Kontrollgruppen aus anderen Registern bestätigen.
Risikorechner ist online verfügbar
Auf der Grundlage der Studienergebnisse haben Hippsisley-Cox und die Biometrikerin Dr. Carol Coupland den Risikorechner entwickelt. Er ist im Internet abrufbar.
Erforderlich für die Risikoberechnung sind Angaben zum Zeitpunkt der Diabetesdiagnose sowie zu einer möglichen antihypertensiven Therapie, zu Herzinsuffizienz und zu rheumatoider Arthritis.
Auch die aktuellen HbA1c- und Cholesterinwerte müssen angegeben werden. Das Risiko wird dann für einen Zeitraum zwischen einem und zehn Jahren ermittelt.
Allerdings ist der Rechner zunächst nur für die britische Bevölkerung validiert.
Zuckerkranke schätzen oft Risiken falsch ein
Der Nutzen eines solchen Risikorechners ergibt sich nach Ansicht der britischen Wissenschaftler auch aus der Tatsache, dass Patienten mit Diabetes dazu tendieren, zum einen die Risiken von Komplikationen ihrer Stoffwechselerkrankung zu überschätzen, zum anderen aber auch den Nutzen der Diabetesbehandlung.
So ergab eine Studie aus dem Jahr 2000, dass Patienten glaubten, sie hätten ein 1,5-fach erhöhtes Risiko zu erblinden und ein 13-fach erhöhtes Risiko für Unterschenkelamputationen (Eff Clin Pract 2000; 3: 7).
Grundlage dieser Einschätzungen waren die Ergebnisse der Studie "Diabetes Control and Complications Trial" (NEJM 1993; 329: 977).
Wer auf der Basis des Rechners ein erhöhtes Risiko habe, innerhalb der nächsten zehn Jahre zu erblinden, solle daher häufiger wegen einer möglichen Retinopathie kontrolliert und behandelt werden, und zwar öfter als einmal pro Jahr, betonen die Forscher.
Bei erhöhtem Amputationsrisiko sollten entsprechende Präventionsprogramme verstärkt genutzt werden. Nicht zuletzt könnten Risikofaktoren wie zu hohe Werte für den HbA1c und den Blutdruck frühzeitiger korrigiert werden.