Studie

Schlafmittel-Nutzer haben erhöhtes Risiko für Lungenentzündung

Patienten, die Benzodiazepinrezeptor-Agonisten einnehmen, müssen häufiger wegen einer Pneumonie stationär behandelt werden. Das Risiko variiert je nach Medikation und Patienteneigenschaften.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Auskultation: Ist der Husten auf eine Pneumonie zurückzuführen?

Auskultation: Ist der Husten auf eine Pneumonie zurückzuführen?

© JPC-PROD / Fotolia

TAIPEI. Hinweise auf eine Verknüpfung zwischen Benzodiazepinrezeptor-Agonisten (BZRA) und Lungenentzündung sind das Resultat einer Fall-Kontroll-Studie mit 12.000 stationär behandelten Pneumonie-Patienten und ebenso vielen vergleichbaren Kontrollpersonen ohne Pneumonie (Chest 2018; 153(1):161-171).

Die Daten aller Beteiligten stammen aus dem Register der nationalen Krankenversicherung Taiwans aus den Jahren 2002 bis 2012.

Ergebnisse der Fall-Kontroll-Studie

  • Von den Pneumonie-Patienten hatten 42 Prozent in den drei Monaten davor Benzodiazepinrezeptor-Agonisten (BZRA) verordnet bekommen, von den Kontrollen 28 Prozent.
  • Eine BZRA-Verordnung, die mehr als 90 Tage zurücklag, hatte keine Auswirkung auf die Pneumonie-Inzidenz.

Von den Pneumonie-Patienten hatten 42,3 Prozent in den drei Monaten davor BZRA verordnet bekommen, von den Kontrollen 28,3 Prozent. Berücksichtigte man andere Einflussgrößen wie Alter, Komorbidität und chronische Atemwegserkrankungen, erhöhte eine laufende BZRA-Therapie das Risiko einer pneumoniebedingten Klinikeinweisung auf das 1,9-Fache.

Eine BZRA-Verordnung, die mehr als 90 Tage zurücklag, hatte dagegen keine Auswirkung auf die Pneumonie-Inzidenz.

Höchstes Risiko bei Benzodiazepine

Das höchste Risiko fand sich mit der Gruppe der schlaffördernden Benzodiazepine – mit einer Steigerung um den Faktor 2,4. Mit Nicht-Benzodiazepin-Schlafmitteln, den sogenannten Z-Substanzen, und angstlösenden Benzodiazepinen war die Pneumonierate auf das 1,6- bzw. 1,5-Fache erhöht.

Das Risiko stieg mit der Dosis und der Zahl der BZRA. Außerdem waren ultrakurz und kurz bis mittellang wirkende Substanzen mit einem höheren Risiko assoziiert als lang wirksame.

Die Einzelsubstanz mit dem höchsten Risiko war orales Midazolam, die Inzidenz stationär behandelter Pneumonien lag damit knapp sechsmal so hoch wie ohne BZRA. Auch Alprazolam, Clonazepam, Diazepam, Fludiazepam, Lorazepam, Brotizolam, Estazolam, Flunitrazepam, Triazolam, Zolpidem und Zopiclon waren mit einem signifikanten Anstieg des Pneumonierisikos verknüpft; es war aber höchstens doppelt so hoch wie ohne BZRA. Besonders deutlich ausgeprägt war der BZRA-Effekt bei Patienten, die noch jünger waren und/oder wenige Komorbiditäten hatten.

 Bei älteren Patienten mit schlechterem Gesundheitszustand dürften Begleiterkrankungen für das Pneumonierisiko ausschlaggebender sein als BZRA, so die Studienautoren. Sie vermuten daher, dass "der BZRA-Gebrauch bei komorbiden Patienten und bei Älteren nur für eine geringe Risikozunahme verantwortlich ist".

Eine Assoziation zwischen Benzodiazepinen und Pneumonie-Inzidenz ist auch in anderen epidemiologischen Studien beobachtet worden. Auch wenn damit eine Kausalität nicht bewiesen ist, unterstreicht der Befund für die Autoren die Notwendigkeit der sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung vor BZRA-Verordnung.

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