Kommentar
Schlaganfall in Revision
Wie kann es passieren, dass eine offenbar falsche Annahme zum neuropathologischen Verlauf des ischämischen Schlaganfalls trotz fehlender Fakten zu einem als gesichert geltenden Modellkonstrukt wird, und dass auf dessen Grundlage jahrelang experimentelle und klinische Forschung betrieben wird?
Obwohl die Daten über die Einwanderung von Leukozyten ins Hirnparenchym aus methodischen Gründen hätten hinterfragt werden müssen und widersprüchliche Resultate aus Studien mit bildgebenden Verfahren zur Neuropathologie des Schlaganfalls vorlagen, wird in Lehrbüchern eben jener Vorgang als gesichert dargestellt.
Ein gravierender Fehler, wie jetzt ein multidisziplinäres Forscherteam nachgewiesen hat.
Zwar bietet die Wissenschaftsgeschichte viele Beispiele dafür, dass geliebte Thesen wieder verworfen werden müssen. Aber bitter ist es schon, wenn sich Arbeitsgruppen auf dem Boden einer Fehlannahme in eine Sackgasse manövriert haben sollten.
Ob dies tatsächlich verlorene Zeit und verlorenes Geld war, muss sich zeigen. Lernen kann man daraus, dass die enge Kooperation von Grundlagen- und klinischen Forschern, wie von den Schweizer und deutschen Wissenschaftlern praktiziert, offenbar dazu führt, die richtigen Fragen zu stellen.
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