Schützt Vardenafil vor Hörverlust?
Der Arzneistoff Vardenafil, bisher für seine Wirkung bei erektiler Dysfunktion bekannt, könnte in Zukunft auch Patienten mit einem Lärmtrauma helfen. Dies legen neue Studienergebnisse nahe.
Veröffentlicht:TÜBINGEN (chh). Forscher der Universität Tübingen haben einen Mechanismus im Innenohr von Ratten und Mäusen entdeckt, der das Gehör schützt. Ein zellulärer Signalweg verhindert, dass die empfindlichen Haarsinneszellen durch Lärm beschädigt werden.
Zudem konnten die Forscher nachweisen, dass der PDE-5-Hemmer Vardenafil diesen Mechanismus unterstützt (Nature Medicine 2012; doi:10.1038/nm.2634).
Rattenohren fast vollständig geschützt
In Tierversuchen bewahrte Vardenafil Ratten und Mäuse fast vollständig vor einem lärminduzierten Hörverlust. Dabei genügt es, den Tieren den Wirkstoff noch nach der Lärmexposition zu verabreichen.
Bei Mäusen mit einem genetischen Defekt, der den entdeckten Signalweg unterbricht, trat die Wirkung hingen nicht auf. Außerdem büßten die Tiere mehr Haarsinneszellen ein als Mäuse ohne Defekt.
"Die Erkenntnisse zeigen erstmalig einen therapeutisch nutzbaren Mechanismus im Ohr auf, mit dessen Hilfe in Zukunft vielen Patienten mit einem Lärmtrauma geholfen werden könnte, ihr Hörvermögen zu erhalten", kommentierte Professor Marlies Knipper vom Zentrum für Neurosensorik des Universitätsklinikums Tübingen die Ergebnisse.
Einsatz am Menschen
PDE-5-Hemmer werden bisher vor allem in der Therapie von pulmonaler Hypertonie, erektiler Dysfunktion und benigner Prostata-Hyperplasie eingesetzt. Die Substanzklasse steht aber auch im Verdacht, dem Innenohr zu schaden, seit vor fünf Jahren ein Mann, der den PDE-5-Hemmer Sildenafil einnahm, einen Hörverlust erlitten hatte (Food and Drug Administration, FDA Report 10/2007).
Nach Angaben der Universität Tübingen müssen jetzt klinische Studien prüfen, ob sich Menschen mit Hörstörungen mit Vardenafil behandeln lassen.