Bauchaortenaneurysma
Screening nicht nur für Männer!
Die einmalige Suche nach Bauchaortenaneurysmen (BAA) per Ultraschall senkt die Sterblichkeitsrate erheblich. Das IQWiG empfiehlt daher ein Screening, jedoch nur für Männer. Die DEGUM ist da anderer Auffassung.
Veröffentlicht:BERLIN. Der vorläufige Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum "Ultraschall-Screening auf Bauchaortenaneurysmen" war Ende 2014 publiziert worden. Nach der üblichen Kommentierungsphase wurde er jetzt relativ schnell finalisiert und liegt seit dem 28. Mai vor.
In dem Bericht konstatiert das Institut, wie bereits kurz berichtet, dass ein einmaliges BAA-Screening sinnvoll erscheine. Es gehöre "zu den ganz wenigen Methoden der Früherkennung, für die ein Effekt auf die Mortalität nachgewiesen" sei. Diese Einschätzung gilt aber nicht uneingeschränkt: Evidenzbasiert und damit zu empfehlen sei ein Screening lediglich für Männer ab einem Alter von 65 Jahren.
Effekt auf Mortalität
Hintergrund des vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Auftrag gegebenen Berichts ist, dass das rupturierte Aortenaneurysma nach wie vor häufig ein Todesurteil darstellt. Mindestens jeder dritte Patient stirbt noch außerhalb des Krankenhauses. Und selbst bei den Patienten, die endovaskulär oder offen operiert werden können, liegt die Mortalität zwischen 20 und 40 Prozent.
Bei elektiver Operation beträgt die Mortalität dagegen international zwischen 1,2 Prozent (endovaskuläres Vorgehen) und 4,6 Prozent (offene Operation). Für Deutschland werden 1,3 Prozent beziehungsweise 3,6 Prozent angegeben.
Der IQWiG-Bericht bezieht sich im Wesentlichen auf vier randomisierte Studien, die ihre Teilnehmer in den 90er Jahren rekrutiert hatten, nämlich die Western Australia-Studie, die dänische Viborg-Studie sowie die beiden britischen Studien MASS und Chichester. Insgesamt wurden rund 137.000 Probanden randomisiert.
Drei der vier Studien haben nur Männer rekrutiert. Lediglich in der Chichester-Studie waren knapp zwei von drei Studienteilnehmern Frauen, woraus sich ein Gesamtanteil von nur 6,8 Prozent Frauen errechnete. Schon zum ersten Auswertungszeitpunkt vier bis fünf Jahre nach dem Screening hat sich in der IQWiG-Analyse eine signifikante Verringerung der BAA-bedingten Mortalität bei Männern gezeigt.
Mehr als 10 Jahre danach war auch die Gesamtmortalität bei Männern signifikant geringer. Dies ging einher mit einer signifikant geringeren Rupturhäufigkeit zu allen Auswertungszeitpunkten sowie einer signifikant geringeren Zahl an Notoperationen.
Auch Frauen sterben am BAA
In Summe gibt das Institut auf Basis der drei qualitativ hochwertigeren Studien MASS, Viborg und Chichester eine "Number Needed to Screen" von 210 an, um in 13 bis 15 Jahren einen BAA-bedingten Todesfall zu verhindern.
Für Tod jeglicher Ursache liegt die "Number Needed to Screen" demnach bei 138. Die Autoren weisen allerdings darauf hin, dass die Zahl in der Realität geringer sein könnte, da es Hinweise darauf gebe, dass die Prävalenz des BAA in Europa seit den 90er Jahren gesunken ist, möglicherweise weil weniger geraucht wird.
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) äußert an dem IQWiG-Bericht sowohl Lob als auch Kritik. Das klare Votum für ein Screening wird grundsätzlich begrüßt. Dass Frauen ausgenommen werden sollen, sei allerdings ein Fehler. Und auch die pauschale Altersgrenze von 65 Jahren betrachtet die DEGUM als ungeeignet.
Was die Evidenzlage angeht, widerspricht die Gesellschaft dem IQWiG nicht. Woran sich die DEGUM stört, ist die daraus abgeleitete restriktive Empfehlung. Über Frauen gebe es nur deswegen viel weniger Daten, weil sie viel seltener von BAA betroffen seien, so Dr. Clemens Fahrig, der Sprecher des DEGUM-Arbeitskreises "Vaskulärer Ultraschall".
Das heiße aber nicht, dass sie nicht von einer Vorsorge profitierten. 2013 waren in Deutschland Fahrig zufolge 2000 von 13.700 Patienten, die wegen eines BAA ins Krankenhaus kamen, weiblich.
Mit Blick auf die vom IQWiG empfohlene Altersgrenze für ein Screening von 65 Jahren macht Fahrig darauf aufmerksam, dass es Risikopatienten gebe, bei denen sich ein BAA typischerweise deutlich früher entwickele.
Dazu gehören neben Rauchern vor allem Patienten mit Bluthochdruck, mit Fettstoffwechselstörungen und mit Diabetes mellitus. Hier plädiert die DEGUM für ein Ultraschall-Screening ab 55 Jahren.
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