Successful Aging und Altersmedizin

Sexualität kommt zu kurz!

Für die neue Generation von Senioren wird das Thema Sex wichtiger. Ärzte sollten sich auf solche Gespräche vorbereiten, findet eine Geriaterin.

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Liebe und Sexualtiät sind keine Frage des Alters, dennoch wird das wenig in der Altersmedizin thematisiert.

Liebe und Sexualtiät sind keine Frage des Alters, dennoch wird das wenig in der Altersmedizin thematisiert.

© missty - stock.adobe.com

KÖLN. Mit den Babyboomern, die gerade in die Jahre kommen, wird das Thema Sexualität im Alter zunehmend enttabuisiert: Viele Silver Ager wollen noch ein erfülltes Sexleben haben, und zwar bis ins hohe Alter.

Wie kann man damit umgehen in der Geriatrie und in Pflegeheimen? Wie lässt sich dieser Wunsch mit Krankheiten und anderen Einschränkungen in Einklang bringen? Das ist ein Thema beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG), der noch bis zum 7. September in Frankfurt am Main stattfindet.

„Jeder Mensch hat einen eigenen persönlichen Zugang zur Sexualität, auch Ärztinnen und Ärzte. Wir befragen unsere Patientinnen und Patienten zu allen möglichen gesundheitlichen Problemen, über ihre Sexualität wissen wir aber meist kaum etwas“, wird Dr. Annette Ciurea vom Stadtspital Waid in Zürich in einer Mitteilung der DGG zitiert.

Sexualität ein wichtiger Baustein

Sie hält zu diesem Thema eine Keynote-Lecture bei der Jahrestagung. „Der WHO-Report ‚Alter und Gesundheit‘ umfasst insgesamt 260 Seiten – gerade einmal eine Seite widmet sich dem Thema Sexualität. Für Menschen mit Demenz gibt es zahlreiche Fragebögen zur Erfassung von auffälligem Verhalten, aber keinen zu sexueller Auffälligkeit.“

In ihren Augen ist Sexualität aber ein wichtiger Baustein des „Successful Aging“, der bisher zu kurz kommt. „In der Berliner Altersstudie BASE hat man etwa festgestellt, dass die sexuelle Aktivität im Alter zurückgeht, der Wunsch nach Intimität aber durchaus bestehen bleibt“, so Ciurea.

Dabei gehe es nicht nur um den Geschlechtsakt selbst, sondern vor allem um das Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Berührung. Der körperliche Kontakt von vielen Patienten in Pflegeheimen und geriatrischen Abteilungen beschränke sich aber meist auf Dinge wie Körperpflege und Essenseingabe.

Sexualbegleiterinnen für Senioren?

Hinzu kommen viele Barrieren, die mit dem Älterwerden zu tun haben. Der Körperbau verändert sich, die Menopause tritt ein, chronische Erkrankungen wie Diabetes nehmen zu. Medikamente gegen bestimmte Krankheiten können wiederum die Libido negativ beeinflussen, erinnert die DDG. „Auch die fortschreitende Demenz eines Partners oder einer Partnerin kann in der Beziehung zur großen Belastung werden“, so Ciurea.

Während die Sexualität in den eigenen vier Wänden gelebt werden kann, bestehen in Pflegeinstitutionen erhebliche Einschränkungen. Dürfen Bewohner miteinander Beziehungen eingehen? Sollen für ein intimes Beisammensein Räume eingerichtet werden? Was löst das bei Angehörigen aus? Wie gehen wir mit sexuellen Verhaltensstörungen bei Demenz um? – Das sind Fragen, mit denen Altersmediziner vor allem im Hinblick auf die selbstbewussten Silver Ager zunehmend konfrontiert sind. Hier spielen auch die kulturellen Rahmenbedingungen eine Rolle. In der Schweiz etwa, die als eher liberal gilt, werden in der Praxis bereits sogenannte Berührerinnen oder Sexualbegleiterinnen eingesetzt.

„Geriater und Geriaterinnen sollten das Thema offen ansprechen und nach Bedürfnissen fragen“, betont Ciurea. Auch sei es wichtig, Sexualität als einen Bestandteil von Successful Aging zu begreifen.

„Wir Altersmediziner sollten uns außerdem bewusst sein, dass unsere eigene Sexualität den Umgang mit diesem Thema in Bezug auf unsere Patientinnen und Patienten beeinflusst.“ (eb)

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