Snowboard-Neulinge: Sanfte Pisten, schwere Kopfverletzungen

Für Snowboard-Frischlinge bergen gerade sanfte Abhänge eine besondere Gefahr. Japanische Forscher fanden eine überraschende Häufung schwerer Kopfverletzungen.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Snowboarder sollten einen Helm tragen, um sich vor Kopfverletzungen zu schützen.

Snowboarder sollten einen Helm tragen, um sich vor Kopfverletzungen zu schützen.

© xinhua / imago

NIIGATA. Forscher des Saito Memorial Hospital und des Yuzawa Community Health Memorial Center erhoben Daten von 959 Snowboard-Anfängern und 1408 -Fortgeschrittenen, und zwar zu Unfallumständen und -ursachen, zur Lokalisation der Verletzungen, zu neurologischen Befunden und chirurgischen Maßnahmen sowie zum Einfluss eines Kopfschutzes (Am J Sport Med 2011; 39: 2656 - 2661).

Die Autoren fanden einige klare Differenzen, die nur teilweise überraschten: So waren 70 Prozent der Anfänger (Gruppe B = Beginners) auf flachen oder mittleren Steigungen gestürzt, die Fortgeschrittenen (Gruppe IE = Intermediates / Experts) hatten sich vornehmlich bei Sprüngen verletzt (48 Prozent).

Schwere Verletzungen wegen Kollisionen mit Bäumen

In beiden Gruppen lagen okzipitale Läsionen eindeutig vorn (56 und 44 Prozent), die Gesichtspartie war bei den besseren Fahrern signifikant häufiger betroffen (22 versus 15 Prozent), in dieser Gruppe fanden sich zudem deutlich mehr Fälle von traumatischer Amnesie (34 Prozent) und Bewusstlosigkeit (16 Prozent) als bei den Rookies (24 oder 11 Prozent).

Als Unfallursache bei den schwerverletzten "Profis" spielten neben den Sprüngen vor allem auch Kollisionen, in erster Linie mit Bäumen, aber auch mit anderen Snowboardern oder Skifahrern eine Rolle (32 Prozent der Patienten mit auffälligen Befunden im CT).

Operativ versorgt werden mussten zehn Patienten der B-Gruppe (1 Prozent), vier von ihnen trugen eine leichte Behinderung davon, für zwei endete das Abenteuer im Koma, zwei weitere starben. Unter den besseren Fahrern landeten fünf im OP (0,4 Prozent), zwei waren danach leicht, einer schwer behindert, einer starb.

Was besonders auffällt: Die neurologischen Verletzungen waren bei den Könnern im Schnitt zwar schwerer als bei den Anfängern, letztere erlitten jedoch deutlich mehr subdurale Hämatome (53 Prozent der Anfänger mit neurologischen Befunden im CT); dabei hatten die meisten dieser Patienten (28 von 29) keine begleitende Gehirnerschütterung.

Gefahr für Anfänger: das Opposite-Edge-Phänomen

Die IE-Gruppe hatte sich deutlich mehr Frakturen im Kopfbereich zugezogen (55 Prozent der Fortgeschrittenen mit neurologischen Befunden), ebenso signifikant mehr epidurale Hämatome (6) und mehr Gehirnerschütterungen (11 Prozent).

Die Erklärung der Autoren für die Häufung der subduralen Hämatome bei den "Rookies" basiert auf bekannten Tatsachen: Wer noch keine Erfahrung im Snowboarden hat, kann nicht adäquat auf das "Opposite-Edge"-Phänomen reagieren.

Dabei kann es gerade auf flachen Hängen wegen des geringen Abstands der bergseitigen Snowboardkante zur Hangoberfläche zu einer schnellen Rotation des Bretts nach hinten kommen; der ungeübte Fahrer fällt, und zwar bevorzugt auf den Hinterkopf.

Eindeutig von Vorteil: Helm statt Strickmütze

Aufgrund der Rotationskräfte bildet sich im Kopf des Snowboarders ein Spalt zwischen Hirnparenchym und Schädeldecke; dadurch werden verbindende Gefäße geschädigt, was zur Einblutung führt.

Bessere Fahrer stürzen dagegen aus größeren Höhen (aus dem Sprung heraus), was zu einem viel heftigeren Aufprall führt; so die Erklärung für die häufigeren Frakturen und Gehirnerschütterungen sowie für das häufigere Auftreten von Trauma und Bewusstlosigkeit in dieser Gruppe.

Hätte ein Helm die Fahrer schützen können? In der Studie hatten die meisten Snowboarder Strickmützen getragen, einen Helm hatten nur 9 Prozent der Fortgeschrittenen, und nicht einmal 2 Prozent der Anfänger aufgehabt.

Keiner der Patienten, die zum Zeitpunkt des Unfalls "behelmt" waren, benötigte einen chirurgischen Eingriff.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Hohe Dunkelziffer

Suchtbericht MV: Alkohol weiterhin größtes Problem

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

EvidenzUpdate-Podcast

Hoffnung und Kollaps – wie Lecanemab uns herausfordert

Lesetipps
Ein sich auftürmender Geldstapel.

© Sascha Steinach/ZB/picture alliance

Finanzielle Lage der GKV

Zusatzbeiträge 2025: Hiobsbotschaften im Tagesrhythmus

 Hausarzt Werner Kalbfleisch

© Südwest Presse / Verena Eisele

Ende eines jahrelangen Verfahrens vor den Prüfgremien

Hausarzt geht mit XXL-Regress in die Rente

Die Forschenden nahmen die langfristigen Auswirkungen der essenziellen Metalle Kobalt, Kupfer, Mangan und Zink, sowie der nicht-essenziellen Metalle Arsen, Cadmium, Blei, Wolfram und Uran auf die kognitiven Funktionen in den Blick.

© Naeblys / Getty Images / iStock

Umweltbelastung

Metalle im Urin sind mit kognitivem Abbau assoziiert