Prävention
So lassen sich neuerliche Schlaganfälle verhindern
Antihypertensiva, Lipidsenker, Plättchenhemmer - das gehört zum Standardrepertoire, wenn es darum geht, Schlaganfall-Patienten einen neuerlichen Infarkt zu ersparen. Doch jetzt gibt es neue Empfehlungen. Auf der Neurowoche ist ein Sechs-Punkte-Präventionsplan vorgestellt worden.
Veröffentlicht:MÜNCHEN. Mit ASS, Antihypertensiva, Statin, körperlicher Aktivität und gesunder Kost ließen sich nach Studiendaten 80 Prozent aller Schlaganfall-Rezidive nach einem ersten Ereignis verhindern (Lancet Neurol. 2014; 13: 178).
Bei der Neurowoche in München machte Professor Gerhard Hamann, Leiter der Klinik für Neurologie in Günzburg, daraus sechs Punkte, die ein "Muss" in der Sekundärprävention darstellen und teilweise erst kürzlich Änderungen erfahren haben:
1. Blutdruck senken
Nach einem Schlaganfall sollte der Blutdruck erst allmählich gesenkt werden. Die Wahl der Antihypertensiva sollte die Komorbiditäten berücksichtigen. Die Kombination von ACE-Hemmer oder AT1-Blocker mit Kalziumkanalblocker oder Diuretikum kann günstig sein, weil Letztere auch die Herzratenvariabilität günstig beeinflussen.
"Betablocker wurden abgewertet zum Reservemedikament", ergänzte Hamann mit Blick auf neue Hypertonieleitlinien, die auch die Zielwerte der Blutdrucksenkung gelockert haben: Es gilt ein Zielblutdruck von 150/90 mmHg in einem Alter von über 60 Jahren, bei jüngeren Patienten 140/90 mmHg (JAMA 2014; 311(5): 507).
2. Statin
Jeder Patient mit einem Schlaganfall sollte ein Statin erhalten, erläuterte Hamann weiter. Nach den aktuellen US-Leitlinien (Circulation 2014; 129 (25 Suppl 2): S1-45) kann die Therapie bei über 75 Jahre alten Patienten oder solchen mit Statin-Interaktionen mit 40 mg Simvastatin erfolgen.
Alle anderen sollten eine Hochdosistherapie mit 80 mg Atorvastatin erhalten. Eine Kontrolle des LDL-Siegels ist unnötig: "Es gibt keinen Zielwert mehr", sagte Hammann und nannte die Veränderungen im Bereich der Lipidkontrolle als "revolutionär.
3. Thrombozytenhemmer
Jeder Patient mit einem Schlaganfall, der keine Indikation für eine Antikoagulation hat, sollte einen Thrombozytenhemmer erhalten. "Bei intrakraniellen Stenosen ist der Neurologe mit einer intensiven medizinischen Therapie so effektiv wie der Stent", ergänzte Homann: In der SAMMPRIS-Studie holte die mit Stent versorgte Patientengruppe den mit dem Eingriff verbundene Ereignisrate gegenüber der konservativ therapierten Gruppe nie wieder auf (NEJM 2011; 365: 993).
"Diese Studie hat unser Weltbild verändert", so Homann. Bei Hochrisikogruppen wie Patienten mit intrakraniellem Stent werde eine aggressive medizinische Therapie mit dualer Plättchenhemmung und 80 mg Atorvastatin empfohlen, ergänzte er.
4. Antikoagulation bei VHF
Alle Schlaganfallpatienten mit Vorhofflimmern (VHF) sollten antikoaguliert und nicht mit Plättchenhemmern behandelt werden. Die Wahl des Antikoagulans richtet sich unter anderem nach den Komorbiditäten und den klinischen Charakteristika des Patienten.
Eine neue Metaanalyse unter Einschluss des noch nicht zugelassenen neuen oralen Antikoagulans (NOAC) Edoxaban zeigte, dass bei VHF praktisch alle Patienten von NOACs profitieren bei deutlich reduzierter intrakranieller Blutungsrate im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten (Lancet 2014; 383: 955).
5. Karotisoperation
Über 70-prozentige symptomatische Karotisstenosen sollten bei über 70-Jährigen operiert werden, erläuterte Hamman weiter, bei unter 70-Jährigen kann operiert oder gestentet werden.
Vorteile scheinen Stents bei Frauen, bei Patienten mit kontralateralen Verschlüssen und solchen mit Restenosen zu haben. Asymptomatische Stenosen sollten nur bei Progression operiert werden.
6. Lebensstilinterventionen
Anzustreben sind Raucherentwöhnung - gegebenenfalls mit medizinischer Unterstützung -, nur wenig Alkohol und eine Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Magermilchprodukten und Vollkorn sowie wenig gesättigten Fetten und Salz.
Empfohlen wird außerdem regelmäßige körperliche Aktivität an vier bis sieben Tagen in der Woche und auch für Patienten mit deutlichen Einschränkungen. "Da brauchen Sie häufig einen Physiotherapeuten oder Sportmediziner", sagte Hamann und verwies auf spezielle Programme und Geräte nach Schlaganfall.
"Auch wenn der Patient jeden Tag mit seinem Bettfahrrad fährt, ist das zudem ein deutlicher Gewinn an Lebensqualität", betonte er.