Kommentar zu Lebenszeitkalkulator
Sterben mit Ansage
Der Pragmatismus, mit dem kanadische Forscher Web-basiert den Tod gebrechlicher alter Menschen berechnen, wirkt zunächst verstörend. Doch es wäre wünschenswert, dass ihre Studie auch in Deutschland ein Echo auslöst.
Veröffentlicht:Mit einem scharfen Skalpell in geübter Hand lässt sich viel Gutes bewirken und in weniger geübten oder gar falschen Händen ein Desaster anrichten. Der Pragmatismus, mit dem kanadische Wissenschaftler Web-basiert den Tod gebrechlicher alter Menschen berechnen, wirkt auf den ersten Blick verstörend.
Doch wäre es wünschenswert, wenn die dahinterstehende, aufwändige Studie auch in Deutschland ein Echo auslösen würde. Womöglich bereichert ja so ein Online-Rechner das Instrumentarium von jenen, die sich in humanistischem Sinne mit Tod und Sterben auseinandersetzen.
Deutschland hat dasselbe Problem
Denn das Problem, das die Kanadier haben, ist dasselbe wie in Deutschland: Die vorausschauende Pflegeplanung und die palliativmedizinische Versorgung alter, chronisch kranker Menschen ist unzureichend. Wenn überhaupt, wird sie oft viel zu spät in Anspruch genommen.
Also: Lasst uns übers Sterben reden und über Instrumente, die ein würdevolles Sterben ermöglichen können. Denn das ist etwas, das sich jeder für den letzten und unausweichlichen Weg wünscht. Der Zeitpunkt für eine solche Diskussion ist Demografie- und Pandemie-bedingt ideal, der Handlungsdruck enorm. Und was die Nutzung eines Sterberisiko-Rechners angeht: Ein Chirurg operiert ja auch nicht nur mit Skalpell.
Schreiben Sie dem Autor: med@springer.com