Trotz besserer Versorgung
Typ-1-Diabetiker sterben zwölf Jahre zu früh
Zwar hat sich die Versorgung von Typ-1-Diabetikern in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verbessert. Eine neue schottische Studie zeigt nun aber, dass Diabetiker immer noch eine deutlich kürzere Lebenserwartung haben.
Veröffentlicht:DUNDEE. In den vergangenen Dekaden hat sich die Versorgung von Typ-1-Diabetikern ohne Zweifel verbessert, ob sich jedoch auch beim härtesten aller Maßstäbe, der Lebenszeit, klare Fortschritte zeigen, ist noch unklar.
Schätzungen ergaben in den 1970er-Jahren einen Lebenszeitverlust von 27 Jahren, in den 1980er noch von knapp 17 Jahren, aber oft basierten solche Schätzungen auf einer recht kleinen Anzahl von Todesfällen, wie Epidemiologen um Shona Livingston vom Scottish Diabetes Research Network in Dundee berichten.
Typ-1-Diabetiker im Fokus
Mit einer eigenen Untersuchung liefern die Forscher nun aktuelle Daten, die auf einer recht breiten Basis stehen: Sie analysierten Angaben zu praktisch allen Typ-1-Diabetikern, die in den Jahren 2008 bis 2010 in Schottland lebten.
Diese verglichen sie mit Daten von Nichtdiabetikern (JAMA 2015; 313: 37).
Möglich wurde dies durch eine schottische Diabetes-Datenbank, die Angaben von über 99% aller niedergelassenen Hausärzte enthält. Die Ärzte müssen Diabetespatienten dort registrieren, wenn sie für deren Behandlung bezahlt werden wollen.
Aus diesem Grund gehen Livingstone und Mitarbeiter davon aus, dass die Datenbank praktisch alle erwachsenen Diabetiker in Schottland und deren Krankenakten umfasst.
Die Forscher fanden knapp 24.700 Typ-1-Diabetiker im Alter ab 20 Jahren, deren Schicksal sie in den drei Studienjahren beobachten konnten. Von diesen starben im Studienzeitraum 1043. Nun gliederten sie die Patienten dem Alter nach in Fünf-Jahres-Intervalle.
Für jedes Intervall berechneten sie die Sterberate und verglichen sie mit Angaben zu Nichtdiabetikern. Dazu nahmen sie Daten aus einem nationalen Register, aus dem sie Angaben zu Typ-1-Diabetikern entfernt hatten.
Aufgrund der Sterberaten in den jeweiligen Altersgruppen konnten sie berechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Alter erreicht wird.
So haben unter den heutigen Versorgungsbedingungen in Schottland 20-jährige Typ-1-Diabetiker noch durchschnittlich 46,2 Jahre (Männer) und 48,1 Jahre (Frauen) zu leben.
Bei den Männern wären dies 11,1 Jahre weniger als bei Nicht-Diabetikern, bei Frauen liegt die Differenz bei 12,9 Jahren. Im Schnitt sterben die Diabetiker also im Alter von etwa 67 Jahren.
Stark reduzierte Lebenserwartung
Logischerweise nimmt die Differenz bei der Lebenserwartung ab, je höher das Alter ist, das jemand bereits erreicht hat: 50-jährige Typ-1-Diabetiker leben diesen Berechnungen zufolge im Schnitt noch immer zehn Jahre kürzer, erst bei den 60-Jährigen wird die Differenz merklich kleiner und liegt dann noch bei etwa sechs Jahren.
Etwa 28% aller Typ-1-Diabetiker sterben nach diesen Daten noch vor dem 50. Lebensjahr.
Häufigste Todesursachen mit einem Anteil von knapp 41% sind sowohl bei Männern als auch Frauen mit Typ-1-Diabetes Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Von den Patienten über 50 Jahren stirbt jeder zweite daran, ein diabetisches Koma oder eine Ketoazidose ist dagegen eher bei jüngeren Patienten ein Problem: Jeder sechste Todesfall im Alter unter 50 Jahren lässt sich darauf zurückführen, von den ältere Patienten sterben daran weniger als 3%.
Wie erwartet, haben Patienten mit einer schlechten Nierenfunktion besonders schlechte Karten und sterben entsprechen früher. Dies konnten die Forscher anhand der Angaben zur glomerulären Filtrationsrate bestätigen.
Allerdings lässt sich daraus nicht der Umkehrschluss ziehen, dass Typ-1-Diabtiker mit normaler Nierenfunktion auch eine weitgehend normale Lebenserwartung zeigen - dies vermuten bisher nicht wenige Experten.
Doch auch mit gesunden Nieren müssen Typ-1-Diabetiker im Alter von 20 Jahren noch immer mit einer um acht Jahre verkürzten Lebensdauer rechnen.
Die Forscher hoffen nun, bei späteren Analysen dieser Art zu sehen, ob sich die Lebenserwartung der Typ-1-Diabetiker nennenswert ändert.
Auch könnten ähnliche Registeranalysen aus anderen Ländern mit der Zeit ein gutes Bild davon liefern, wie es um die Lebenserwartung und damit die Versorgung von Typ-1-Patienten bestellt ist.