Kommentar zur Demenz-Prävention

Überschätztes Hirnjogging

Ein sechswöchiges kognitives Training bei älteren Menschen zeigte in einer US-Studie selbst nach zehn Jahren noch messbare Effekte.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:

Es fällt schon schwer zu glauben, dass ein sechswöchiges kognitives Training bei älteren Menschen Jahre später noch einen messbaren Effekt zeigen soll, wie US-Forscher behaupten. Aber entscheidend ist weniger, ob der Effekt messbar ist, sondern ob er im Alltag relevant ist.

Und das liegt nicht nur an der Effektstärke, sondern auch an der Übertragbarkeit: Wenn jemand regelmäßig Kreuzworträtsel löst, bleibt er darin selbst im hohen Alter gut, aber hilft das auch beim Einkaufen, beim Erinnern von Terminen oder beim Autofahren? Daran gibt es immer mehr Zweifel.

In einer Studie ließ sich eine solche Übertragbarkeit selbst bei einem äußerst intensiven Training nicht erreichen. Das spricht dafür, bei älteren Menschen gezielt solche Fähigkeiten zu üben, die sie im Alltag auch benötigen. Kreuzworträtsel lösen und die üblichen Formen von Hirnjogging zählen sicher nicht dazu, die wichtigsten Telefonnummern zu merken schon eher.

Fraglich ist auch, ob das isolierte Training einzelner kognitiver Domänen etwas bringt, im Alltag werden schließlich sämtliche Hirnfunktionen benötigt. Die größten Chancen auf einen Nutzen versprechen alltagsnahe Übungen, die Gedächtnis, Wahrnehmung und Exekutivfunktionen zugleich beanspruchen. Es wäre an der Zeit, solche Übungen zu evaluieren.

Lesen Sie dazu auch: Demenz: Schon kurzes Training bremst geistigen Abbau

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Mitteilung der Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG

Ginkgo-Extrakt mindert Demenz-Progression

Kommentare
Peter Allerchen 23.01.201414:19 Uhr

Den Nagel auf den Kopf getroffen

Der Kommentar trifft den Nagel auf dem Kopf, jedoch wird diese Erkenntnis in der täglichen Praxis sträflich vernachlässigt. Wie oft werden Demenzkranke (und ihre Angehörigen) zu sinnfreien und gar kontraproduktiven "Trainings" des Gehirns animiert! Es ist daher höchste Zeit, die Evidenz von Trainingsmethoden zu prüfen und auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse alte Zöpfe endlich abzuschneiden.

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

REDUCE-AMI und ABYSS

Betablocker nach Herzinfarkt – so steht es um die Evidenz

Parallelen zum Leistungssport

Höhere Anspannung vor der Operation führt offenbar zu besserem Ergebnis

Lesetipps
Personen greifen nach einer Angel mit Geldscheinen.

© mitay20 / stock.adobe.com

FAQ zum Zuschuss für angehende Ärzte

Weiterbildung: So kommen Sie an die Facharzt-Förderung

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung