Kommentar zu Depressionen
Verzerrte Wahrnehmung
Regelmäßig fragt die DAK, vor welchen Krankheiten sich die Deutschen am meisten fürchten. Zuletzt erreichten Krebserkrankungen den Spitzenplatz, gefolgt von Unfallverletzungen, Schlaganfall, Alzheimer und Herzinfarkt. Psychische Störungen kamen erst an siebter Stelle.
Sicher, die Wahrscheinlichkeit, irgendwann einmal an Krebs zu sterben, ist höher als die für den Tod durch ein psychisches Leiden. Das Risiko, chronisch an der Seele zu erkranken, ist jedoch mit Abstand am höchsten.
Weltweit kosten Depressionen, Ängste und Suchterkrankungen am meisten gesunde Lebenszeit, in Mitteleuropa stehen diese Krankheiten auf Platz zwei nach dem Rückenschmerz, der häufig auch eine Folge oder Umschreibung einer psychischen Störung ist. Weshalb also können oder wollen wir den tatsächlichen Risiken nicht ins Auge schauen?
Ein Faktor ist sicher die immer noch bestehende Tabuisierung. Man spricht über die Erfolge bei Krebs, kennt unzählige Menschen mit Herzinfarkt oder Schlaganfall, aber kaum jemanden, der offen über seine Depression redet.
Das verzerrt den Blick. Solange wir aber den offenen und öffentlichen Umgang mit seelischen Leiden meiden, haben wir kaum Chancen, sie von ihrem Spitzenplatz zu verdrängen, wir verdrängen nur ihre Wahrnehmung.
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