Tonsillektomie
Wenn der Elektrokauter im Mund Feuer fängt
Nicht nur der Eingriff selbst, sondern auch die verwendeten Geräte bergen bei einer Tonsillektomie Risiken: Gelegentlich geben sie schlicht während der Op den Geist auf oder fangen Feuer – mit üblen Konsequenzen.
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Elektrokauter kommen bei Tonsillektomien zum Einsatz. (Symbolbild)
© K-H Krauskopf, Wuppertal
Das Wichtigste in Kürze
Frage: Was sind die häufigsten geräteassoziierten Komplikationen bei Tonsillektomien?
Antwort: In einem US-Register wurden vor allem Geräteversagen und Verbrennungen gemeldet.
Bedeutung: Nicht nur von der Prozedur selbst, auch von den verwendeten Geräten gehen gewisse Gefahren aus.
Einschränkung: Auswertung bezieht sich nur auf gemeldete Fälle – möglicherweise hohe Dunkelziffer.
BOSTON. Zu den Tonsillektomie-Komplikationen zählen zwar vor allem peri- und postoperative Blutungen sowie Schmerzen, eher selten denken Ärzte an Stromschläge, Verbrennungen oder offenes Feuer in der Mundhöhle.
Solche geräteassoziierten Nebenwirkungen sind zwar insgesamt recht selten, können aber zu erheblichen Schäden führen – und das nicht nur bei Patienten, sondern auch Anwendern.
HNO-Experten um Dr. Alisa Yamasaki von der Harvard Medical School in Boston interessierten sich für die häufigsten geräteassoziierten Tonsillektomie-Komplikationen. Dazu haben sie die Datenbank OpenFDA nach Einträgen im Zeitraum zwischen 2008 und 2017 analysiert (Laryngoscope 2019; online 11. Juli).
Zwischenfälle sind zu melden
Gerätehersteller sind in den USA verpflichtet, Zwischenfälle an die FDA zu melden und in die Datenbank einzutragen. Zusätzlich können Anwender und Kliniken dort Meldungen erstellen.
Die Forscher um Yamasaki fanden 652 Zwischenfälle mit elektrochirurgischen Geräten während einer Tonsillektomie, die allermeisten (88 Prozent) wurden von den Herstellern gemeldet.
Zwei Drittel standen in einem Zusammenhang mit einer Coblation – dem häufigsten elektrochirurgischen Eingriff zur Mandelentfernung in den USA, bei 12 Prozent war ein monopolarer Elektrokauter beteiligt und bei 10 Prozent ein elektrochirurgischer Generator.
Häufigste Probleme: Geräteversagen und Verbrennungen
Am häufigsten beschrieben die Meldungen ein Geräteversagen (31 Prozent). Das klingt zwar harmlos, gibt das Gerät aber mitten in einer Operation den Geist auf und ist gerade kein zweites zur Hand, kann es zu deutlichen Verzögerungen oder gar Behandlungsabbrüchen kommen. Dies geschah immerhin bei 35 der gemeldeten Zwischenfälle.
Am zweithäufigsten wurden Verbrennungen gemeldet (29 Prozent). Von den 190 Zwischenfällen betrafen drei Ärzte und Schwestern. So hatte eine Schwester einen elektrischen Schlag bekommen, als sie die Hand eines Patienten berührte. Beide erlitten leichte Verbrennungen. Diesen Unfall hatten die Ärzte dem elektrochirurgischen Generator zugeschrieben.
Die meisten Verbrennungen wurden nicht nach Schweregrad erfasst, bei den 65 mit Einstufung dominierten Verbrennungen ersten Grades (28) gefolgt von solchen zweiten (18) und dritten Grades (16). Immerhin vier Patienten erlitten Verbrennungen vierten Grades.
Läsionen in der Mundhöhle
Sechs Patienten mussten aufgrund der Verbrennungen in einer Klinik behandelt werden. Rund drei Viertel der Verbrennungsopfer zeigten Läsionen in der Mundhöhle, 11 Prozent im Oropharynx.
Als Ursache der Verbrennungen ließen sich etwa zur Hälfte Anwenderfehler ausmachen, der Rest stammte von selbstständigen Entladungen, Isolationsschäden oder anderen Geräteproblemen. Offenes Feuer entstand dagegen fast ausschließlich durch Gerätefehler.
73-mal offenes Feuer
73 Meldungen (11 Prozent) bezogen sich auf offenes Feuer. Dieses führte zwar nur selten zu Verletzungen (14-mal), weil die Geräte meist außerhalb von Mund und Rachen brannten, zwei Patienten mussten deswegen jedoch ins Krankenhaus.
Die Ärzte um Yamasaki sind erstaunt, dass intraoperative Brände, die es eigentlich nicht geben dürfte, doch in mehr als einem Dutzend Fälle gemeldet wurden.
Postoperative Blutungen erwiesen sich als dritthäufigste Komplikation – sie betrafen 20 Prozent aller Meldungen. Drei Patienten starben aufgrund der Blutungen, hier wurden jedoch keine intraoperativen Probleme mit den Geräten beobachtet.
Zwei weitere Patienten starben kurz nach der Operation. Hier ließen sich ebenfalls kein Fehler der Anwender oder der Geräte feststellen.
Die Studie kann kaum Hinweise darauf geben, ob bestimmte Geräte gefährlicher sind als andere, da nicht klar ist, bei wie viele Anwendungen jeweils solche Komplikationen auftreten. Immerhin ließen sich viele der Komplikationen vermeiden, wenn Ärzte und ihr Op-Team etwas besser aufpassten, geben die Studienautoren zu bedenken.