Forschung

Wie Ferritin bei Sepsis Organe schützt

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JENA. Eine aufeinander abgestimmte Regulierung des Eisen- und des Glukose-Stoffwechsels in der Leber ist wesentlich für die Anpassung des Organismus bei einer Sepsis und damit für den Erhalt der Organfunktion und das Überleben, teilt die Uniklinik Jena mit.

Vor gut einem Jahr aktualisierte ein internationales Expertengremium die Definition der Sepsis und beschrieb diese schwere Erkrankung als lebensbedrohliche Funktionsstörung der Organe infolge einer außer Kontrolle geratenen Reaktion des Körpers auf eine Infektion. Forscher aus Oeiras in Portugal, Jena und Lyon konnten jetzt im Tiermodell nachweisen, wie sich bei einer Sepsis die Änderungen von Stoffwechselprozessen fatal verketten und zum Organversagen führen können – und dass es Regulationsmechanismen gibt, die diese Verkettung durchbrechen können (Cell 2017; online 15. Juni).

Es gehört zum Abwehrarsenal des Körpers, bei bakteriellen Infektionen möglichst wenig Eisen im Blut für die Mikroben verfügbar zu machen, da dieses das Wachstum von Bakterien unterhält. Damit macht sich der infizierte Organismus aber ebenfalls angreifbar."Manche Sepsispatienten entwickeln im Verlauf der Erkrankung sehr niedrige Blutzuckerspiegel. Wir wissen, dass dieses Phänomen mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden ist. Wir können zeigen, dass ein intakter Eisenstoffwechsel für die Erhaltung der Stoffwechselfunktionen der Leber und somit zur Vermeidung von zu niedrigen Blutzuckerspiegeln während der Sepsis unabdingbar ist", wird PD Dr. Sebastian Weis, einer der Erstautoren der Studie, in der Mitteilung zitiert.

Er arbeitet in der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Jena, die sich seit vielen Jahren mit der Systembiologie des Organversagens bei Sepsis beschäftigt. Im Team von Dr. Miguel Soares am Instituto Gulbenkian in Oeiras untersuchte er im Tiermodell, über welche Mechanismen der Körper verfügt, um dieser Unterzuckerung und Gewebeschädigung vorzubeugen. Eine zentrale Rolle dabei spielt das Komplexprotein Ferritin, das Eisen binden und speichern kann. Weis: "Die Bedeutung von Ferritin in der Sepsis war bisher unbekannt. Wir wussten lediglich, dass es als sogenanntes Akut-Phase-Protein vermehrt hergestellt wird. Jetzt konnten wir nachweisen, dass es regulierend in den Leberstoffwechsel eingreift. Es kurbelt die Produktion eines Enzyms an, das für die Glukoseneubildung in der Leber gebraucht wird."

Tiere, die kein Ferritin bilden konnten, hatten einen niedrigeren Blutzuckerspiegel und eine größere Sepsissterblichkeit als die Tiere der Vergleichsgruppe. Die Gabe von nicht mit Eisen beladenem Ferritin konnte die Sterblichkeit im Tierversuch senken; dagegen hatte Eisen-gesättigtes Ferritin nicht diese positive Wirkung. "Diese Ergebnisse bestätigen die aktualisierte Sicht auf die Sepsis, dass der Schutz und die Unterstützung der Organfunktion ein zentrales Therapieziel sein muss. Das Ferritin stellt hierfür vielleicht einen neuen Ansatzpunkt dar, völlig unabhängig von Art und Anzahl der auslösenden Mikroorganismen", so Weis. (eb)

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Kommentare
Horst Grünwoldt 20.06.201714:28 Uhr

Blutvergiftung

Die Überschwemmung des Blutkreislaufes von einer septischen, bakterien-infizierten Wunde ausgehend, dürfte natürlich vor allem für die aeroben Sepsis-Keime wie -Stapyolokocken spp.- von pathogenetischer Bedeutung sein.
So stellt denen der Schatz an roten Blutkörperchen im strömenden, immer wieder in den Lungen oxigenisiertem Hämoglobin, das Vehikel für ihre Verbreitung und Ernährung im Blutplasma dar. Zumal der Erythrozyt selbst keine Freßzelle (Makro- oder Mikrophage) darstellt, sondern wohl nur der 5-mikrometer Sattel für die 1my kleinen, adhäsiven Bakterien!

Dass das Oxidationsmittel der Leber -Ferritin- für massiv zirkulierende Bakterien ein "gefundenes Fressen" im Zielorgan darstellt, dürfte eigentlich klar sein. So wie alle oxidierenden, vitalen Organe - auch die Nieren- sind die das Angriffsziel der Sepsiserreger, mit entsprechenden Indikator-Gewebsschäden (Blutungen) resp. Organversagen bei massiver, mikrobieller Überflutung und freigesetzter Ekto-Toxin-
Wirkung (Haemolyse; s.a. rote Striemen unter Haut bei akuter "Blutvergiftung").
Das wertvolle, eisenhaltige Eiweiß "Ferritin ist in allen Schlachttier-Lebern mehr oder weniger enthalten, und ist für mich als Ernährungsbewußter sowieso Grund, meine tägliche Pommersche Leberwurst (mit Brocken im Schnittbild!) täglich zum Frühstück neben der Thüringer Rotwurst und Schnittkäse zu verzehren. Und einmal in der Woche gibt es für den Genießer auch noch gesottene Rinderleber (besser Kalbsleber!) "Berliner Art".
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt (promoviert 1980 über die Sepsis bei Schweinen!) Rostock
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt, Rostock

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