Wie Gene den Praxisalltag verändern
Das Zusammenspiel zwischen Umwelt, Genetik und Epigenetik ist bisher nur rudimentär verstanden - und faszinierend, sagt Kongresspräsident Joachim Mössner. Denn es betrifft die Arbeit jedes Arztes.
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Genforschung könnte den Alltag von Ärzten, zum Beispiel in punkto Vorsorgeuntersuchungen, verändern.
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"Krankheit, Gene, Umwelt"- das ist das Leitthema des Internistenkongresses 2012. Dieses Leitthema soll, so die Intention von Kongresspräsident Professor Joachim Mössner, die immer komplexer werdende Medizin widerspiegeln.
Diese Komplexität beeinflusse tagtäglich die Arbeit jedes einzelnen Kollegen, jeder einzelnen Kollegin, betont Mössner. Auch, indem sie Grenzbereiche und ungelöste Probleme aufzeigt.
Beispiel Pankreaskarzinom, einer der Forschungsbereiche von Mössner und seinem Team an der Universität in Leipzig. Für das Pankreaskarzinom gilt:
Je mehr Familienmitglieder ein solches Karzinom haben, desto höher ist das eigene Risiko, ein Pankreas-Ca zu bekommen.
"Wenn dann jemand noch raucht oder Übergewicht hat, ist das Risiko noch höher. Liegen alle diese Risikofaktoren vor, kann man heute statistisch das Risiko für ein Pankreas-Ca grob angeben", so Mössner vorab zum Kongress zur "Ärzte Zeitung".
"Wie Sie mit diesem Risiko dann umgehen, wenn wir letztlich keine Vorsorge anbieten können, ist die andere Frage und ein sehr gravierendes ungelöstes Problem", so Mössner weiter.
Keine evidenzbasierte Vorsorgeuntersuchung für das Pankreas
Beim Kolon könne man koloskopieren, bei der Mamma sei eine Sonografie oder eine Mammografie möglich, der Uterus sei ebenfalls einer Vorsorgeuntersuchung zugänglich, natürlich auch die Haut.
Beim Organ Pankreas sieht das aber anders aus: Für das Pankreas gibt es derzeit keine evidenzbasierte Vorsorgeuntersuchung, um ein Karzinom im Frühstadium zu entdecken.
"Viele Pankreaskarzinome treten ja aber auch sporadisch auf", ergänzt Mössner. Ganz simplifiziert bedeute das komplexe Zusammenspiel von Genen und Umwelt für den Bereich der Vorsorge:
Je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein genetischer Defekt zur Erkrankung führt, desto wichtiger ist es auch - bei den meisten Krankheiten - eine Vorsorge zu empfehlen.
Andererseits - auch darauf weist Mössner hin: "Je geringer das Risiko ist, aufgrund eines bekannten genetischen Polymorphismus, der mit einer Erkrankung assoziiert ist, die Erkrankung auch zu bekommen, desto problematischer wird es natürlich - auch aus sozioökonomischen Gründen - eine Vorsorge anzubieten".
Wichtig ist es Mössner auch, beim Kongress mögliche künftige Probleme zu diskutieren: "Wir werden in den nächsten Jahren relativ kostengünstig unser gesamtes Genom sequenzieren können. Daraus dann irgendwelche Schlussfolgerungen zu ziehen, wird extrem schwierig werden!"