Berliner Initiative Studie

Wie gut tut Senioren die Blutdrucksenkung?

Blutdrucksenkung bei Hypertonie zählt zu den unumstrittenen Maßnahmen zur Risikoreduktion von Schlaganfall und Herzinfarkt. Aber profitieren auch betagte Menschen davon? Berliner Forscher sind der Frage nachgegangen – und warten mit einem überraschenden Ergebnis auf.

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Die Behandlung von betagten Patienten mit Bluthochdruck sollte individuell erfolgen, betonen die Studienautoren.

Die Behandlung von betagten Patienten mit Bluthochdruck sollte individuell erfolgen, betonen die Studienautoren.

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BERLIN. Der aktuellen Analyse der Gruppe um Dr. Antonios Douros vom Institut für klinische Pharmakologie und Toxikologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, liegen Daten der Berlin Initiative Study (BIS) zugrunde, in die zwischen November 2009 und Juni 2011 insgesamt 1628 Patienten im Alter über 70 Jahre (mittleres Alter: 81 Jahre) aufgenommen worden waren.

Alle Teilnehmer nahmen mindestens einen Blutdrucksenker ein (the Berlin Initiative Study. Eur Heart J. 2019 Feb 25. doi: 10.1093/eurheartj/ehz071).

Das Team befragte die Studienteilnehmer alle zwei Jahre zu ihren Erkrankungen und Medikamenten, maß Blutdruck und Nierenfunktion und analysierte Blut und Urin.

Nach sechs Jahren untersuchten die Wissenschaftler, inwiefern der zu Beginn gemessene Blutdruck mit dem Tod in Zusammenhang stand. Dabei wurden auch Einflussfaktoren wie Geschlecht, Body-Mass-Index, Raucherstatus, Alkoholkonsum, Diabetes und die Anzahl der blutdrucksenkenden Mittel berücksichtigt.

Der Auswertung zufolge hatten bei den über 80-Jährigen diejenigen, deren Blutdruck bei unter 140/90 mmHg lag, ein um 40 Prozent höheres Sterberisiko als diejenigen, deren Blutdruck mehr als 140/90 mmHg betrug.

"Behandlung individuell anpassen"

Ähnlich die Beobachtung bei Studienteilnehmern, die in der Vergangenheit einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erlitten hatten: Bei denjenigen, deren Blutdruck bei unter 140/90 mmHg lag, war das Sterberisiko sogar um 61 Prozent erhöht im Vergleich zu denjenigen, deren Blutdruck trotz der medikamentösen Behandlung oberhalb dieses Grenzwertes blieb, wie die Charité berichtet.

„Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass die Behandlung eines erhöhten Blutdrucks bei diesen Patientengruppen individuell angepasst werden sollte“, wird Dr. Antonios Douros vom Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité in einer Mitteilung zitiert.

Bisherige randomisierte Studien mit alten Hypertonie-Patienten wie HYVET und eine Substudie der SPRINT-Studie haben anders als die Berliner Studie zudem eine Abnahme der Mortalität durch die Blutdrucksenkung auf Normalniveau ergeben.

Professor Dr. Elke Schäffner, deren Team die Studienteilnehmer befragt hat, äußerte daher in der Mitteilung der Charité: „Als Nächstes wollen wir untersuchen, welche Patientengruppen von einer Blutdrucksenkung tatsächlich profitieren.“ (run)

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Kommentare
Dipl.Ing. Helmut Meyer 11.03.201907:51 Uhr

Blutdrucksenkung und Sterberisiko

Für einen 77-jährigen Leser dieser "Berliner Initiative Studie", der vorher die "Substudie der SPRINT-Studie" für THAT''S IT gehalten hat - für den ist die Verwirrung komplett. Die Ergebnisse beider Studien müssen m.E. zusammen gesehen bewertet und bzgl. einzelner Einflussfaktoren näher untersucht / evaluiert werden.

Dr. Hartwig Raeder 11.03.201907:48 Uhr

Pathophysiologie

Das Herzzeitvolumen ist der Quotient aus Blutdruck und Widerstand. Jede Blutdrucksenkung verschlechtert also die Herzinsuffizienz. Diese Verschlechterung kann mit einer Lebensverlängerung begründet werden. Wenn auch diese Lebensverlängerung wegfällt, dann gibt es keinen Grund für eine Blutdrucksenkung. GFR und HZV sind immer proportional. Jede Blutdrucksenkung verschlechtert also auch die Nierenfunktion. Ausnahme: Eine Senkung des peripheren Widerstandes verbessert HZV und GFR, weil dieser Widerstand im Nenner steht.

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