Netzhaut-Organoide
Wissenschaftler züchten menschliche Netzhaut
Als Modell zur Erforschung von Gentherapien bei Augenleiden haben Schweizer Forscher Netzhaut-Organoide entwickelt.
Veröffentlicht:Basel. Wissenschaftlern ist es gelungen, akkurate Nachbildungen der menschlichen Netzhaut zu züchten (Cell 2020; 182(6):1623-1640). Die Forscher des Instituts für Molekulare und Klinische Ophthalmologie Basel (IOB) sowie des Novartis Institute for BioMedical Research (NIBR) erhoffen sich dadurch unter anderem eine beschleunigte Entwicklung neuer Therapien für Augenerkrankungen, heißt es in einer Mitteilung des IOB.
Das gezüchtete Gewebe wird als Netzhaut-Organoid bezeichnet, da es dieselben Eigenschaften aufweist, wie menschliche Netzhaut: „Unsere Netzhaut-Organoide sind besonders, weil sie wie die menschliche Netzhaut mehrschichtig aufgebaut sind, und genauso auf Licht reagieren“, wird Erstautor Dr. Cameron Cowan vom IOB in der Mitteilung zitiert.
Zelltypen wie in der menschlichen Netzhaut
Der detaillierte Vergleich der gezüchteten Netzhaut-Organoide mit Netzhaut von Multi-Organspendern bestätigte die starken Ähnlichkeiten. „Wir konnten zeigen, dass unsere kultivierten Organoide nach 38 Wochen – das entspricht der Dauer einer durchschnittlichen Schwangerschaft beim Menschen – viele derselben Zelltypen aufweisen, wie die Netzhaut eines erwachsenen Menschen“, fügt Mitautor und Studienleiter Professor Botond Roska hinzu.
„Wir waren die Ersten, die menschliche Netzhaut von Verstorbenen funktionsfähig und lichtempfindlich erhalten konnten“. Das habe die Vergleiche überhaupt erst möglich gemacht.
Maßgeschneiderte Behandlungen möglich
Der große Wert der Netzhaut-Organoide gründe zudem auf dem Beweis der Forscher, dass gleiche Defekte in jeweils denselben Zelltypen zu denselben Netzhauterkrankungen in den Organoiden und in menschlicher Netzhaut führen.
„Wir können Netzhaut-Organoide aus Hautbiopsien oder Blut von individuellen Patienten züchten. Damit können wir im Labor Behandlungen entwickeln, die auf diese Patienten maßgeschneidert sind“, berichtet Dr. Magdalena Renner vom IOB, ebenfalls Erstautorin der Publikation. (eb / otc)