Minister Laumann nennt Zeitplan
Ab 17. November wird es ernst mit der Krankenhausreform in NRW
Der Zeitplan für die Umsetzung der Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen steht: Ab Mitte November verhandeln Kassen und Kliniken über Spezialisierungen. Gesundheitsminister Laumann spricht von einer Blaupause auch für den Bund.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Düsseldorf. Nordrhein-Westfalen kann sich mit dem „Krankenhausplan 2022“ nach Ansicht von Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) als Vorreiter bei einer zeitgemäßen und effizienten Krankenhausplanung in der Bundesrepublik positionieren. Laumann hat am Mittwoch den konkreten Zeitplan für die Reform der Krankenhausplanung präsentiert, die er Ende April vorgestellt hatte.
„Wenn das hier gut funktioniert, können wir eine Blaupause sein für das, wohin es sich auf Bundesebene entwickeln könnte“, sagte er bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Der neue Krankenhausplan soll auf Leistungsbereichen und Leistungsgruppen in Verbindung mit Qualitätsvorgaben basieren und nicht mehr wie bislang die Zahl der Klinikbetten als zentrale Steuerungsgröße heranziehen.
Dass der neue Krankenhausplan eine Signalwirkung entfalten könnte, liegt laut Laumann nicht nur an der Bedeutung des bevölkerungsreichsten Bundeslands auf Bundesebene sowie der Vernetzung von AOK Nordwest und AOK Rheinland/Hamburg mit anderen Krankenkassen, die sich für ähnliche Schritte erwärmen könnten. Hilfreich sei auch, dass Ingo Morell, der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), als Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft gleichzeitig auch im politischen Berlin aktiv sei.
Kassen, Kammern und Krankenhausgesellschaft ins Boot geholt
Laumann hatte das gesundheitspolitische Mammutprojekt, dessen Eckpunkte erstmals im Herbst 2019 vorgestellt wurden, noch in der vergangenen Legislaturperiode kurz vor der Landtagswahl am 15. Mai 2022 festgezurrt. Ein großer Erfolg für ihn ist, dass das Konzept im Landesausschuss für Krankenhausplanung im Einvernehmen beschlossen wurde. Damit war es dem Ministerium gelungen, die Landeskrankenhausgesellschaft, die Krankenkassen und die Ärztekammern mit ins Boot zu holen.
Die Voraussetzungen für die Umsetzung könnten nicht besser sein, stellte Laumann klar. Das Vorhaben genieße breite politische Unterstützung, denn auch die Grünen als Koalitionspartner der CDU in NRW stünden dahinter. Günstig sei, dass alle Planungen in der vergangenen Legislaturperiode unter der damals schwarz-gelben Landesregierung abgeschlossen wurden und die Realisierung unter der neuen schwarz-grünen Regierung gleich mit Beginn der neuen Legislaturperiode starten kann. „Das hast Du in der Politik eher selten“, räumte Laumann ein.
Auf die 337 Krankenhäuser in NRW kommen möglicherweise große Umwälzungen zu. „Ich sehe aber keine Alternative, wenn wir unsere Krankenhäuser in eine gute Zukunft führen wollen“, erklärte Laumann. Ziel seien Verbesserungen für die Patienten, eine Verringerung des größtenteils kontraproduktiven Wettbewerbs der Krankenhäuser untereinander und eine effizientere Verteilung der Kapazitäten. „Es geht nicht um Schließungen“, betonte er. Seiner Ansicht nach seien in den vergangenen Jahren zu viele Krankenhäuser geschlossen worden – was mit einer besseren Planung vermeidbar gewesen wäre.
Für die Krankenhäuser geht es künftig darum, sich auf bestimmte Leistungen wie Schlaganfall-Versorgung, Geburtshilfe oder Knie- und Hüftprothesen zu konzentrieren und nicht mehr alle Leistungen anzubieten. Die Universitätskliniken in dem Bundesland seien trotz ihrer Rolle als Maximalversorger davon nicht ausgenommen.
Ab 17. November tickt die Uhr
Nach einer Vorlaufphase sollen am 17. November die Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen über eine Spezialisierung der Kliniken auf bestimmte Leistungen beginnen. Dafür haben die Beteiligten laut Gesetz ein halbes Jahr Zeit. Danach prüfen die Bezirksregierungen und abschließend das Gesundheitsministerium die regionalen Konzepte.
Auch Verbände, Kommunen und Gewerkschaften sollen angehört werden, bevor am Ende das Gesundheitsministerium über den Versorgungsauftrag der einzelnen Krankenhäuser entscheidet. Laumann betonte, er würde es begrüßen, wenn möglichst oft ein „regionaler Konsens“ gelinge und das Ministerium kein Machtwort sprechen müsse.
Der Plan schreibt außerdem vor, dass ein Krankenhaus mit internistischer und chirurgischer Versorgung für 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein muss. Intensivmedizinische Kapazitäten müssen flächendeckend vorgehalten werden. Zur Ermittlung des stationären Bedarfs wird die jährliche Fallzahl je medizinischer Leistung herangezogen. In der gewünschten Leistungsgruppe muss ein Krankenhaus vorgegebene Qualitätskriterien erfüllen.
Keine zentrale Planung am grünen Tisch
Die neue Krankenhausplanung ist auch in den Augen von KGNW-Präsident Morell „etwas ganz Besonderes“. Ihre Stärke ist die Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten in dem Bundesland, die bei einer zentralen Planung „am grünen Tisch in Berlin“ nicht gegeben wäre. Dennoch sieht er große Herausforderungen. „Der Weg, den wir jetzt gehen, wird kein einfacher, dafür sind die Interessenslagen aller Beteiligten viel zu unterschiedlich“, sagte er.
Ziel sei, in zwei Jahren erste Ergebnisse zu präsentieren. Auch finanzielle Unterstützung sei dringend nötig. „Ein Strukturwandel im Krankenhausbereich wird nicht ohne die Bereitstellung von Finanzmitteln gehen“, betonte er. Voraussetzung für die anstehenden Veränderungen seien gesunde Klinikstrukturen – an denen es in den vergangenen Jahren nicht selten gemangelt habe.
Dirk Ruiss, Leiter des Verbands der Ersatzkassen Nordrhein-Westfalen, erhofft sich von der neuen Krankenhausplanung positive Effekte auf die angespannte personelle Lage im Krankenhaussektor. „Es ist evident und für alle ersichtlich, dass wir im Bereich der Personalressourcen in der Krankenhausversorgung ein Problem haben“, sagte er. Ruiss verwies auf Statistiken, nach denen die Fluktuation bei Beschäftigten im Krankenhausbereich in den vergangenen 15 Jahren mit einer Verweildauer von nur sechs bis acht Jahren sehr stark ausgeprägt gewesen ist. Zudem sei die Zahl der offenen Stellen 2021 rund viereinhalb Mal höher gewesen als 2007 – trotz stark gestiegener Ausbildungszahlen.
Der neue Krankenhausplan löse das Problem nicht grundlegend, weil er keine neuen Stellen schaffe, so Ruiss. Dafür brauche es weiterhin ergänzende Maßnahmen, etwa die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte und die Anerkennung von Berufsabschlüssen, betonte er. Allerdings könne der Plan durch stärkere Konzentration und Spezialisierung bei den Leistungen sowie eine stärkere Standortfokussierung dafür sorgen, dass die zur Verfügung stehenden Personalressourcen zum Wohle der Beschäftigten und der Patienten effizienter ausgenutzt werden. „Das ist ein nicht ganz kleiner Nebeneffekt, den wir uns davon versprechen.“