SARS-CoV-2

Bayern legt bei Katastrophenschutz nach

Strenge Sicherheitsauflagen fürs öffentliche Leben, 400 neue Kräfte für Gesundheitsämter und Corona-Hotlines sowie Einbindung der Reha-Kliniken: Bayern beschließt in einer Krisensitzung mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn weitere Maßnahmen.

Von Birgit Fenzel Veröffentlicht:
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (l, CDU) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geben nach der Krisensitzung des bayerischen Kabinetts am Dienstag eine Online-Pressekonferenz.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (l, CDU) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geben nach der Krisensitzung des bayerischen Kabinetts am Dienstag eine Online-Pressekonferenz.

© Peter Kneffel / dpa

München. Im Kampf gegen das Coronavirus verschärft Bayern noch einmal die Maßnahmen aus dem Katastrophenplan, erhöht die Kapazitäten auf sämtlichen relevanten Ebenen und richtet einen Katastrophenstab ein.

Wie nach einem Krisengespräch von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und der bayerischen Gesundheitsministern Melanie Huml (CSU) am Dienstag in München bekannt wurde, will der Freistaat künftig eine eigene Produktion von Schutzmasken aufbauen. Dies wäre der erste Schritt in Richtung einer funktionierenden Notfallversorgung für künftige Krisen.

Vorbereitung auch für Pandemien der Zukunft

„Für Pandemien der Zukunft müsse es die Möglichkeit einer Aktivierung und Reaktivierung von Produktionskapazitäten geben“, betonte Söder die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung. „Da sind wir jetzt in Bayern dran. Denn so kann es nicht bleiben“, erklärte er.

Schon am gestrigen Montag waren bei der Erklärung des Katastrophenfalls in Bayern eine Reihe von Maßnahmen vorgestellt worden, die das öffentliche Leben im Freistaat in vielen Bereichen einschränken.

Lesen sie auch

Bei der Krisensitzung am Dienstag wurde in einigen Punkten noch einmal nachgebessert. So wurden unter anderem die Einschränkungen für die Gastronomie auch um den Außenbereich erweitert, damit im „outdoor“ nicht nachgeholt werde, was drinnen verboten sei, erklärte Söder diesen Schritt.

Noch einmal präzisiert wurden auch die Sicherheitsauflagen, die in den nächsten Wochen bei Dienstleistungen wie zum Beispiel Friseurbesuchen gelten. So müsse zur Vermeidung einer Ansteckung zwischen den Kunden ein Sicherheitsabstand von anderthalb Metern eingehalten werden.

Auch gibt es die Auflage, dass sich im Salon nicht mehr als zehn Personen aufhalten dürfen. Sämtliche Änderungen werden übrigens im Detail auf der Webseite des bayerischen Gesundheitsministeriums nachzulesen sein, hieß es auf der Pressekonferenz.

Sonderrolle als Grenzregion erforderte schnelles Handeln

Wegen seiner besonderen geografischen Lage als Grenzregion sei Bayern besonders betroffen, stellte der bayerische Ministerpräsident gleich zu Beginn die Sachlage aus seiner Sicht dar. „Daher haben wir auch Tempo gemacht“, erklärte er das rigorose Vorpreschen der Staatsregierung vom Montag mit der Erklärung des Katastrophenfalls.

Seitens des Bundesgesundheitsministers gab es dafür keine Kritik. Im Gegenteil fand Jens Spahn die Vorgehensweise der Bayerischen Staatsregierung eher löblich. „Ich bin beeindruckt von der Intensität und Klarheit und Konkretheit der Maßnahmen“, sagte er.

Zeitvorsprung sinnvoll nutzen

„Wir sind jetzt vier bis fünf Wochen vor Italien“, so Söder zum Stand der Dinge in Bayern. Nun gelte es, diesen Zeitvorsprung sinnvoll zu nutzen. Zum Beispiel durch Ausbau der personellen Ausstattung der Gesundheitsämter, der Telefonhotlines und für die Nachverfolgung der Infektionsketten. Dafür sollen 400 neue Kräfte eingestellt werden.

Um weitere Betten zu gewinnen, werden sämtliche bayerischen Krankenhäuser die amtliche Weisung erhalten, medizinisch nicht notwendige Operationen zu verschieben. Weitere Plätze für die Coronavirus-Fälle, aber auch für reguläre Intensiv-Patienten, sollen durch die stärkere Einbindung von Reha-Kliniken gewonnen werden. Nach Aussage der bayerischen Gesundheitsministerin soll der Reha-Betrieb in Bayern eingeschränkt werden.

Wegen der finanziellen Ausfälle, die diese Maßnahme für die Betriebe mit sich bringen werde, würden gerade Lösungen ausgelotet. Es ginge darum, dass sie „unter den Schutz des Bundes kommen“, so Huml. Spätestens Anfang nächster Woche sollten dazu Konzepte vorliegen, ergänzte Bundesgesundheitsminister Spahn.

Hotels als Klinikersatz?

Bei der Aufstockung der Bettenkapazitäten will der Freistaat gegebenenfalls auch auf Hotels zurückgreifen. Diese dürften sich über Belegungen freuen. Schließlich hat auch Bayern den Hotelbetrieb eingeschränkt und Übernachtungen zu touristischen Zwecken untersagt.

Um die Materialversorgung zu sichern, werde man laut Söder alle möglichen Maßnahmen „bis hin zur Beschlagnahmung“ ergreifen. Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger erklärte die Sicherstellung der Lieferketten gar zur Chefsache und betonte, er werde sich persönlich darum kümmern und ein Auge darauf haben, dass auch die erforderlichen TÜV-Zertifizierungen des Materials durchgeführt werden.

Dabei werde in Bayern die Polizei bei neuen Lieferungen das eingehende Material mit sichern. Damit wolle man Diebstähle verhindern wie sie in Nordrhein-Westfalen vor einigen Tagen vorgekommen seien – aus dem Logistikzentrum der Kölner Kliniken sind laut Medienberichten zwischen dem vergangenen Donnerstag und Montagmorgen rund 50 .000 Atemschutzmasken gestohlen worden.

Jetzt abonnieren
Mehr zum Thema

Anschuldigungen nicht bewiesen

Tote Krankenschwester: Arzt wird freigesprochen

Diskussionsrunde

LÄK Bayern wirbt für lokale Hitzeschutz-Bündnisse

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Symposium der Paul-Martini-Stiftung

COVID-19 akut: Früher Therapiestart effektiv

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Fallbericht

Schäden an der Netzhaut nach dem Haarefärben

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

Lesetipps
Husten und symbolische Amplitude, die die Lautstärke darstellt.

© Michaela Illian

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?