Antwort auf „Kleine Anfrage“
Brandenburg: Öffentlicher Gesundheitsdienst ist überaltert
Das Potsdamer Gesundheitsministerium hat die Personalstruktur in den Gesundheitsämtern unter die Lupe genommen. Ein Ergebnis: Jeder fünfte Arzt in den Gesundheitsämtern ist über 60 Jahre alt.
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Ein Schild weist auf das Gesundheitsamt in der Landeshauptstadt Potsdam hin. Mit einer Abfrage ist jetzt eine Bestandsaufnahme zum Altersdurchschnitt des Personals in Gesundheitsämtern gemacht worden.
© Jens Kalaene / dpa
Potsdam. In der Corona-Pandemie hatten sie eine wichtige Bedeutung. Doch in Brandenburgs Gesundheitsämtern sind die Mitarbeiter überaltert. Das geht aus einer Antwort des Potsdamer Gesundheitsministeriums auf eine „Kleine Anfrage“ des Linken-Abgeordneten Ronny Kretschmer hervor, die der Ärzte Zeitung vorab vorliegt.
Das Ministerium hat demnach bereits im vergangenen Jahr eine Abfrage zum Altersdurchschnitt in den Gesundheitsämtern vorgenommen. Das Ergebnis: Jeder fünfte Arzt in den Gesundheitsämtern ist über 60 Jahre alt und geht damit in den nächsten Jahren in Pension. Nur die Hälfte der Zahnärzte im Öffentlichen Gesundheitdienst (ÖGD) ist jünger als 50 Jahre. „Es ist davon auszugehen, dass bei den meisten Gesundheitsämtern mit erheblichen personellen Schwierigkeiten im medizinischen Bereich zu rechnen ist“, heißt es in der Antwort des Ministeriums.
Nur wenige neue Medizinerstellen
Mit Hilfe des im September 2020 vom Bund und den Ländern beschlossenen „Pakts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“, für den der Bund insgesamt rund vier Milliarden Euro zur Verfügung stellte, konnten die Brandenburger Kommunen allerdings im vergangenen Jahr neue Stellen im ÖGD schaffen. Doch die 62,675 Stellen, die die Landkreise und kreisfreien Städte ohne Vorgaben der Landes- oder Bundesebene neu ausbringen konnten, waren im Wesentlichen keine Medizinerstellen. Nur 5,875 Stellen wurden für Ärzte und Zahnärzte neu geschaffen. Dagegen entstanden 34,7 Stellen für Sozialarbeiter und Hygienekontrolleure sowie 22,1 Stellen für Verwaltungspersonal und IT-Fachleute.
Insgesamt wurden von den Brandenburger Kommunen 5,3 Millionen Euro aus dem Pakt für den ÖGD abgerufen. Dem Fragesteller Kretschmer allerdings reicht das nicht. „Wir haben ein kurz- bis mittelfristiges Problem beim Altersdurchschnitt in den Gesundheitsämtern“, sagte Kretschmer. „Hier müssen wir schnell gegensteuern.“
Kein attraktiver Job
Doch der Öffentliche Gesundheitsdienst ist für Mediziner nicht attraktiv. „Ein Arzt verdient woanders in der Regel mehr“, sagt Kretschmer. Ein Tarifvertrag für Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst sei zwar in der Diskussion, alle bisherigen Verständigungen hätten aber noch nicht zu Verbesserungen geführt. „Wir brauchen hier mehr Tempo und mehr Geld für die Ärzte“, sagte der Linken-Abgeordnete.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Carla Kniestedt, forderte gegenüber dieser Zeitung unterdessen eine stärkere Einbindung des ÖGD in das Medizinstudium. „Medizinstudierende müssen schon im Studium lernen, wie interessant eine Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst sein kann“, sagte Kniestedt. Die Arbeit der Gesundheitsämter sei viel zu lange „unter dem Radar“ der öffentlichen Wahrnehmung abgelaufen. Erst durch die Corona-Pandemie habe die Öffentlichkeit bemerkt, wie wichtig diese Einrichtungen seien.