Versorgung gefährdet
Chefärzte der Unimedizin Rostock schicken Brandbrief an Politik
41 Chefärzte der Universitätsmedizin Rostock haben einen Brandbrief an die Landesregierung verfasst, in dem sie auf problematische Zustände an der Klinik aufmerksam machen. Die Versorgung, insbesondere in der Pädiatrie, sei problematisch geworden.
Veröffentlicht:Rostock. Ein Brandbrief von 41 Chefärzten der Rostocker Universitätsklinik beschert der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern ein unliebsames Thema zur Unzeit: Mitten im Landtagswahlkampf wird die Frage aufgeworfen, ob der Maximalversorger seinen Aufgaben noch vollständig nachkommen kann.
Den Brief mit Hinweisen auf Folgen massiver Einsparungen sollen nach übereinstimmenden Medienberichten Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) und Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) schon Anfang August erhalten haben. Während sich die Landesregierung zu dem Thema bedeckt hielt, griff die Opposition im Schweriner Landtag das Thema auf.
Torsten Koplin, gesundheitspolitischer Sprecher der Linken, nannte es „völlig unverständlich und zutiefst unverantwortlich, dass in der gegenwärtigen Situation im Land Maßnahmen an einem staatlichen Klinikum eingeleitet werden, mit denen die medizinische Versorgung der Bevölkerung gefährdet wird“. Er forderte Schwesig, Martin und Glawe zu einer sofortigen Stellungnahme auf.
Pädiatrie besonders problematisch
Die Chefärzte weisen in dem Brief auf die Folgen des Sanierungsprozesses an der Uniklinik und auf infrastrukturelle Defizite hin. Insbesondere die Situation in der Pädiatrie bereitet ihnen offenbar Sorgen, angeblich soll die Akutversorgung von Kindern und Jugendlichen im Großraum Rostock nicht mehr voll aufrecht zu erhalten sein. Komplexe Eingriffe sollen nicht mehr vollumfänglich durchgeführt werden.
Damit sprechen die Chefärzte eines der Fachgebiete an, die wie berichtet landesweit seit Jahren Probleme bereiten – unter anderem weil das erforderliche Personal an einigen Kliniken fehlt. Bislang wurden solche Defizite aber nicht aus einer Universitätsklinik, sondern eher aus der Peripherie öffentlich.
Skeptisch sind die Chefärzte offenbar auch in der Frage, ob das Haus eine mögliche vierte Pandemiewelle bewältigen könnte. Die Ärzte vermuten ein „Organisationsverschulden auf mehreren Ebenen“.
Unimedizin nimmt Sorgen „sehr ernst“
Die Universitätsmedizin Rostock nimmt die Sorgen der Chefärzte nach eigenen Angaben „sehr ernst“. Der Vorstandsvorsitzende Professor Christian Schmidt betonte, dass die Krankenversorgung trotz wirtschaftlicher Sanierung Vorrang haben müsse. Nach seinen Angaben haben Vorstand und Aufsichtsrat sofort reagiert und für das laufende Jahr zusätzlich zwei Millionen Euro und für das kommende Jahr fünf Millionen Euro freigegeben.
Schmidt sagte außerdem: „In diesem Zusammenhang wurde auch die Ausstattung der Kinderklinik verlässlich und einvernehmlich auf 32,85 Stellen festgelegt.“ Nach seinen Angaben wurden bereits „Gespräche geführt, um die geäußerten Sorgen aufzunehmen, gemeinsam die erforderlichen Maßnahmen zu entwickeln und auch zeitnah umzusetzen.“ An diesem Prozess seien die Chefärzte beteiligt, versicherte Schmidt.
Personelle Probleme beseitigen
Aufsichtsratschef Mathias Brodkorb (SPD) hatte die Chefärzte und Klinikdirektoren persönlich angeschrieben. In dem Brief, der der „Ärzte Zeitung“ vorliegt, dankt er „für Ihre offenen Worte“. Er berichtet darin, dass sich der Aufsichtsrat mit der Landesregierung abgestimmt habe, um die von Schmidt genannten Mittel freizugeben.
Mit der Soforthilfe von zwei Millionen Euro sollen insbesondere personelle Probleme abgestellt werden. Brodkorb kündigt in dem Schreiben auch eine externe Organisationsuntersuchung sowie ein Gutachten an, das die infrastrukturelle und bauliche Situation unabhängig beurteilen soll. Weiter heißt es: „Es sollen insbesondere Vorschläge unterbreitet werden, wie die bauliche Situation schnellstmöglich verbessert und hin zu einem modernen, zentralisierten Klinikum verändert werden kann.“