Versorgung gefährdet

Chefärzte der Unimedizin Rostock schicken Brandbrief an Politik

41 Chefärzte der Universitätsmedizin Rostock haben einen Brandbrief an die Landesregierung verfasst, in dem sie auf problematische Zustände an der Klinik aufmerksam machen. Die Versorgung, insbesondere in der Pädiatrie, sei problematisch geworden.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Die Chefärzte der Unimedizin Rostock sind skeptisch, ob das Haus eine mögliche vierte Pandemiewelle bewältigen könnte.

Die Chefärzte der Unimedizin Rostock sind skeptisch, ob das Haus eine mögliche vierte Pandemiewelle bewältigen könnte.

© Bernd Wüstneck/picture alliance

Rostock. Ein Brandbrief von 41 Chefärzten der Rostocker Universitätsklinik beschert der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern ein unliebsames Thema zur Unzeit: Mitten im Landtagswahlkampf wird die Frage aufgeworfen, ob der Maximalversorger seinen Aufgaben noch vollständig nachkommen kann.

Den Brief mit Hinweisen auf Folgen massiver Einsparungen sollen nach übereinstimmenden Medienberichten Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) und Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) schon Anfang August erhalten haben. Während sich die Landesregierung zu dem Thema bedeckt hielt, griff die Opposition im Schweriner Landtag das Thema auf.

Torsten Koplin, gesundheitspolitischer Sprecher der Linken, nannte es „völlig unverständlich und zutiefst unverantwortlich, dass in der gegenwärtigen Situation im Land Maßnahmen an einem staatlichen Klinikum eingeleitet werden, mit denen die medizinische Versorgung der Bevölkerung gefährdet wird“. Er forderte Schwesig, Martin und Glawe zu einer sofortigen Stellungnahme auf.

Pädiatrie besonders problematisch

Die Chefärzte weisen in dem Brief auf die Folgen des Sanierungsprozesses an der Uniklinik und auf infrastrukturelle Defizite hin. Insbesondere die Situation in der Pädiatrie bereitet ihnen offenbar Sorgen, angeblich soll die Akutversorgung von Kindern und Jugendlichen im Großraum Rostock nicht mehr voll aufrecht zu erhalten sein. Komplexe Eingriffe sollen nicht mehr vollumfänglich durchgeführt werden.

Damit sprechen die Chefärzte eines der Fachgebiete an, die wie berichtet landesweit seit Jahren Probleme bereiten – unter anderem weil das erforderliche Personal an einigen Kliniken fehlt. Bislang wurden solche Defizite aber nicht aus einer Universitätsklinik, sondern eher aus der Peripherie öffentlich.

Skeptisch sind die Chefärzte offenbar auch in der Frage, ob das Haus eine mögliche vierte Pandemiewelle bewältigen könnte. Die Ärzte vermuten ein „Organisationsverschulden auf mehreren Ebenen“.

Unimedizin nimmt Sorgen „sehr ernst“

Die Universitätsmedizin Rostock nimmt die Sorgen der Chefärzte nach eigenen Angaben „sehr ernst“. Der Vorstandsvorsitzende Professor Christian Schmidt betonte, dass die Krankenversorgung trotz wirtschaftlicher Sanierung Vorrang haben müsse. Nach seinen Angaben haben Vorstand und Aufsichtsrat sofort reagiert und für das laufende Jahr zusätzlich zwei Millionen Euro und für das kommende Jahr fünf Millionen Euro freigegeben.

Schmidt sagte außerdem: „In diesem Zusammenhang wurde auch die Ausstattung der Kinderklinik verlässlich und einvernehmlich auf 32,85 Stellen festgelegt.“ Nach seinen Angaben wurden bereits „Gespräche geführt, um die geäußerten Sorgen aufzunehmen, gemeinsam die erforderlichen Maßnahmen zu entwickeln und auch zeitnah umzusetzen.“ An diesem Prozess seien die Chefärzte beteiligt, versicherte Schmidt.

Personelle Probleme beseitigen

Aufsichtsratschef Mathias Brodkorb (SPD) hatte die Chefärzte und Klinikdirektoren persönlich angeschrieben. In dem Brief, der der „Ärzte Zeitung“ vorliegt, dankt er „für Ihre offenen Worte“. Er berichtet darin, dass sich der Aufsichtsrat mit der Landesregierung abgestimmt habe, um die von Schmidt genannten Mittel freizugeben.

Mit der Soforthilfe von zwei Millionen Euro sollen insbesondere personelle Probleme abgestellt werden. Brodkorb kündigt in dem Schreiben auch eine externe Organisationsuntersuchung sowie ein Gutachten an, das die infrastrukturelle und bauliche Situation unabhängig beurteilen soll. Weiter heißt es: „Es sollen insbesondere Vorschläge unterbreitet werden, wie die bauliche Situation schnellstmöglich verbessert und hin zu einem modernen, zentralisierten Klinikum verändert werden kann.“

Jetzt abonnieren
Mehr zum Thema

Pauschale Klinik-Förderung

Mecklenburg-Vorpommern gibt sich neues Krankenhausgesetz

Das könnte Sie auch interessieren
Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Dr. Detlef Bunk 23.08.202110:01 Uhr

Hier sehen wir die Auswüchse des Ökonomisierungswahns im Gesundheitswesen selbst bei Spitzeneinrichtungen in universitärer Trägerschaft.
Dr. phil. Detlef Bunk
psychol. Psychotherapeut Essen

Sonderberichte zum Thema
Tab. 1: Empfohlene Anfangsdosierungen von Ruxolitinib bei akuter und chronischer GvHD in Abhängigkeit vom Alter

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [5, 6]

Graft-versus-Host-Erkrankung

JAK1/2-Hemmung jetzt für Kinder unter zwölf Jahren und in neuer Darreichungsform möglich

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb. 1: Patienten mit DMD profitierten von einer über 24-wöchigen Vamorolon-Therapie im Vergleich zu einer Therapie mit Prednison in Bezug auf das Längenwachstum

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [14]

Duchenne-Muskeldystrophie (DMD)

Erstes dissoziatives Kortikosteroid zugelassen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera (Germany) GmbH, München
JAK-Inhibitor: Zulassungserweiterung bei Jugendlichen mit AD

© Cunaplus_M.Faba / Getty Images / iStock

Atopische Dermatitis

JAK-Inhibitor: Zulassungserweiterung bei Jugendlichen mit AD

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: AbbVie GmbH und Co. KG, Wiesbaden
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Wechselspiel zwischen Hirn und Pankreas

Demenz & Diabetes: Welche Vorteile das CGM bietet

Leckere und gesunde Ernährung

Remission bei Morbus Crohn: Das glückt auch mit einer rein oralen Diät

Lesetipps
Dreidimensionale medizinische Illustration von Nierenkrebs, die das Vorhandensein eines Tumors in der Niere zeigt.

© Crystal light / stock.adobe.com

Hinweis aus Registerstudie

Welchen Einfluss NSAR auf das Nierenkrebs-Risiko haben

Eine Frau greift sich mit beiden Händen um den Nacken.

© fizkes / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Leitlinien-Update

Polymyalgia rheumatica: Aktualisierte Empfehlungen sind online

Eine Ärztin tastet den Hals einer Frau zur Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen und Hypothyreose ab.

© Peakstock / stock.adobe.com

US-Review

Wie mit latenter Hypothyreose bei älteren Patienten umgehen?