Augenärzte berichten

Corona-Ansteckung wohl nicht übers Auge

Eine SARS-CoV-2-Infektion über die Augenoberfläche erscheint unwahrscheinlich, berichten Augenärzte. Dennoch sei ein Augenschutz für medizinisches Personal im Umgang mit COVID-19-Patienten ratsam, heißt es bei der Jahrestagung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG).

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
Zeichen einer Konjunktivitis hatten nur drei Prozent von 2000 COVID-19-Patienten. Dies spricht Experten zufolge gegen einen relevanten Infektionsweg über die Bindehäute.

Zeichen einer Konjunktivitis hatten nur drei Prozent von 2000 COVID-19-Patienten. Dies spricht Experten zufolge gegen einen relevanten Infektionsweg über die Bindehäute.

© domaskina / stock.adobe.com

Heidelberg. COVID-19-Patienten haben nur selten eine Konjunktivitis und die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit SARS-CoV-2 über die Augenoberfläche sei unwahrscheinlich, hieß es zu Beginn der virtuellen Jahrestagung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG).

Gleichwohl sei ein Augenschutz für Personal mit engem Kontakt zu COVID-19-Patienten „dringend zu empfehlen“, erklärte Professor Clemens Lange vom Universitätsklinikum Freiburg.

Lange verwies auf Studien mit mehr als 2000 COVID-19-Patienten, von denen lediglich drei Prozent Zeichen einer Bindehautentzündung aufgewiesen haben. Dies spreche gegen einen relevanten Infektionsweg über die Bindehäute, zumal es sich bei den beobachteten Konjunktivitiden auch um Epiphänomene im Zuge der intensivmedizinischen Behandlung gehandelt haben könnte.

Bindehaut ist wenig relevante Eintrittsstelle

Weiterhin haben histologische Untersuchungen bei an COVID-19 Verstorbenen in Bonn, Basel und Tübingen weder relevante Bindehautentzündungen, noch Anzeichen für das Vorkommen oder die Replikation von SARS-CoV-2 ergeben.

Lange: „Ich deute die aktuelle Studienlage so, dass die Bindehaut im Vergleich zu anderen Geweben wie der Lunge eine wenig relevante Eintrittsstelle und ein wenig relevanter Replikationsort für SARS-CoV-2 darstellt.“

Andererseits wird noch immer kontrovers diskutiert, inwiefern auf der Horn- und der Bindehaut des Auges molekulare Eintrittspforten für das Virus vorhanden sind oder nicht. Es ist bis heute nicht ausgeschlossen, dass außer ACE (Angiotensin Converting Enzyme)-2-Rezeptoren weitere Rezeptoren existieren.

Schutzbrillen bei Kontakt mit Patienten

Grundsätzlich ist es denkbar, dass Viren, die über Aerosole den Tränenfilm von Gesunden erreichen, über die ableitenden Tränenwege Zugang zur Nasenschleimhaut und den Atemwegen erhalten und so eine Infektion respiratorischer Epithelien auslösen. Jedoch bleibt unklar, inwiefern durch Reiben der Augen mit kontaminierten Händen eine Ansteckung tatsächlich möglich ist.

Tests von über 400 Tränenfilmproben auf virale RNA waren in lediglich zwei Prozent positiv – ein Befund, der zudem nicht gleichgesetzt werden dürfe mit dem Vorhandensein infektiöser Viruspartikel, sagte der Freiburger Augenarzt. „Aufgrund des schützenden Lidschlages und der kleinen Augenoberfläche dürfte ein rein okulärer Infektionsweg eine untergeordnete Rolle spielen.“

Da nach wie vor nicht alle Fragen in diesem Zusammenhang wissenschaftlich geklärt sind, empfiehlt die DOG Personal bei engem Kontakt mit COVID-19-Patienten weiterhin das Tragen von die Augen umschließenden Schutzbrillen oder ähnliche Schutzvorkehrungen. Dagegen gibt es keinerlei Evidenz dafür, dass das Tragen von Augenschutzbrillen im öffentlichen Leben erforderlich ist.

Lesen sie auch
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Abb. 2: SPRING-Studie: Attackenfreie Tage und attackenfreie Kinder (2 bis <12 Jahre) während der 52-wöchigen Studiendauer

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [10]

Langzeitprophylaxe beim hereditären Angioödem

Lanadelumab jetzt auch für Kinder ab 2 Jahren zugelassen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG, Berlin
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Forscher geben Entwarnung: Handys führen nicht zu einem erhöhten Risiko für verschiedene Krebsarten.

© DragonImages / stock.adobe.com

Zeitreihenanalyse

Studie: Handynutzung erhöht das Krebsrisiko nicht

Akute Atemwegssymptome – wieviel trägt die Luftverschmutzung bei? (Symbolbild mit Fotomodell)

© Sofiia / stock.adobe.com

Respiratorische Symptome

Mehr Luftverschmutzung, mehr Antibiotika