Rheuma und COVID-19
Empfehlungen aktualisiert zur Rheuma-Therapie in Corona-Zeiten
Rheuma-Patienten haben aktuellen Daten zufolge kein erhöhtes Risiko, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Das geht aus aktualisierten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie hervor.
Veröffentlicht:Berlin. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat ihre Behandlungsempfehlungen zur Rheumatherapie in Corona-Zeiten aktualisiert. Der Grund: Inzwischen liegen Fallberichte, Registerdaten und erste Studien vor, die detailliertere Aussagen zu den Erkrankungsrisiken für diese Patientengruppe erlauben, teilt die Gesellschaft mit.
Die Gesellschaft fasst die Neuerungen bei den Behandlungsempfehlungen in einer Mitteilung wie folgt zusammen:
- Rheumapatienten haben den bisher zusammengetragenen Daten zufolge kein erhöhtes Risiko, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren.
- Auch das Risiko für einen schweren Verlauf scheint nicht erhöht zu sein.
- Einige der bekannten Risikofaktoren für einen schwereren COVID-19-Verlauf wie ein höheres Lebensalter, männliches Geschlecht, Rauchen, Diabetes, starkes Übergewicht oder vorbestehende Lungen-, Herz- oder Nierenerkrankungen kommen bei Rheumapatienten häufiger vor als im Bevölkerungsdurchschnitt. Sie dürfen daher nicht außer Acht gelassen werden.
- Durch die entzündlich-rheumatische Erkrankung selbst scheint das Corona-Risiko nur dann erhöht zu sein, wenn die Patienten Glukokortikoide in einer Dosis von 10 mg und mehr pro Tag einnehmen oder wenn die Erkrankung gerade besonders aktiv ist, die Rheumasymptome also schlecht medikamentös beherrscht werden können.
Medikation nicht unnötig ändern
In zehn Kernempfehlungen (siehe Kasten am Ende) wiederholen die Experten den Rat, eine gut eingestellte Rheuma-Medikation nicht allein aus Sorge vor COVID-19 zu verändern. „Ein Umstellen der Medikation geht oft mit einem Aufflammen der rheumatologischen Grunderkrankung einher und erhöht das COVID-19-Risiko dann erst recht“, wird Professor Christof Specker, Sprecher der Ad-hoc Kommission COVID-19-Register der Gesellschaft, in der Mitteilung zitiert.
Lediglich bei Patienten mit positivem SARS-CoV-2-Abstrich und/oder bereits beginnenden COVID-19-Symptomen solle die Therapie mit Biologika und bestimmten anderen immunmodulierenden Rheumamedikamenten unterbrochen werden. Eine Therapie mit Glukokortikoiden unter 10 mg/d könne dagegen fortgesetzt werden.
Alltag nicht ohne Not einschränken
Besonderes Augenmerk richten die Experten darauf, Alltag und Versorgung der Patienten nicht unnötig einzuschränken. In der Regel sei es nicht gerechtfertigt, Rheumapatienten allein aufgrund einer angenommenen Gefährdung durch COVID-19 Arbeitsunfähigkeit zu attestieren, heißt es in den Empfehlungen. Auch dürfe keinesfalls auf medizinisch notwendige Eingriffe und Therapien verzichtet werden. Selbstverständlich sollten auch Rheuma-Patienten sich an die allgemein geltenden Hygiene- und Abstandsregeln halten, außerdem empfiehlt die DGRh die Benutzung der Corona-Warn-App.
Auch wenn die Datenbasis im Vergleich zum Frühjahr bedeutend breiter geworden sei – allein im DGRh-eigenen COVID-19-Register seien inzwischen mehr als 350 Krankheitsverläufe erfasst – machen die Experten darauf aufmerksam, dass die Evidenz noch keineswegs so belastbar sei wie sonst bei Behandlungsempfehlungen üblich. „Es liegt bei einem so jungen und dynamischen Geschehen wie der COVID-19-Pandemie in der Natur der Sache, dass zum Beispiel noch keine randomisiert-kontrollierten Studien vorliegen“, erläutert Specker in der Mitteilung. Um dem beständigen Eintreffen neuer Erkenntnisse Rechnung zu tragen, werde die DGRh ihre Empfehlungen auch weiterhin regelmäßig aktualisieren. (eb)
Kernempfehlungen der DGRh zur Rheumatherapie in Corona-Zeiten:
- Bezüglich Prävention und Management zur Vermeidung von Infektionen ist für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE) das Einhalten der vom Robert Koch-Institut beschriebenen Verhaltens- und Vorsichtsmaßnahmen für die Bevölkerung zu empfehlen. Dies gilt auch für den Fall eines positiven SARS-CoV-2-IgG-Antikörper-Nachweises.
- Zur Unterbrechung von Infektionsketten und Eindämmung einer neuen möglichen Infektionswelle ist Patienten der Einsatz der jetzt verfügbaren „Corona-Warn-App“ zu empfehlen.
- Eine Arbeitsunfähigkeit allein aufgrund einer wegen der rheumatischen Erkrankung und ihrer Behandlung angenommenen Gefährdung im Kontext der COVID-19-Pandemie ist in der Regel nicht gerechtfertigt.
- Bei der Ermittlung des individuellen Risikos sollten bekannte Risikofaktoren (wie zum Beispiel Alter, Multimorbidität, Adipositas, hohe Aktivität der ERE) beachtet werden.
- Nach aktuellem Stand sollte die Versorgung der Patienten mit ERE entsprechend der auch unter normalen Bedingungen geltenden rheumatologischen Standards erfolgen und nicht allein aufgrund der COVID-19-Pandemie verändert werden.
- Die Einleitung oder Umstellung antirheumatischer Therapien sollten nicht aufgrund der COVID-19-Pandemie unterbleiben oder verzögert werden.
- Bei Patienten ohne Infektzeichen, auch mit Kontakt zu SARS-CoV-2 positiven Personen, sollte die bestehende antirheumatische Therapie unverändert fortgesetzt werden.
- Bei mittels PCR positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Patienten ohne Infektzeichen ist ein Pausieren beziehungsweise Hinauszögern einer ts- oder bDMARD-Therapie für die Dauer der mittleren Inkubationszeit (zum Beispiel 5 - 6 Tage) zu erwägen.
- Bei Patienten mit gesicherter, aktiver COVID-19 sollte die DMARD-Therapie pausiert werden. Eine für die Behandlung der rheumatologischen Erkrankung eingesetzte GC-Dauertherapie <10 mg sollte in gleicher Dosis fortgesetzt werden.
- Patienten mit ERE und positivem Test auf SARS-CoV-2 (PCR und/oder Antikörper) sollen in dem COVID19-rheuma.de Register der DGRh dokumentiert werden
Weitere Informationen zu den Therapieempfehlungen der Gesellschaft finden Sie online.