Baden-Württemberg
GMK-Chef Lucha: Ambulant-stationäre Zentren ganz oben auf der Agenda
Die Gesundheitsminister der Länder wollen die Krankenhausreform zügig angehen. Die ambulant-stationäre Primärversorgung soll zügig rechtlich ausgestaltet werden. Masken-und Testpflichten auch für Ärzte und Pflegepersonal stehen vor dem Ende.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Stuttgart. Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) hat am Montag in Stuttgart den Fahrplan der Krankenhausreform gebilligt. Sowohl die Zeitschiene, als auch die inhaltliche Ausgestaltung habe die Zustimmung aller Länder gefunden, sagte der turnusmäßige Vorsitzende der GMK, Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne), am Montagabend im Anschluss an das Treffen. Noch vor der Sommerpause sollen die Eckpunkte der Reform stehen. Bis dahin wollen sich die Gesundheitsministerinnen und -minister sowie die Gesundheitssenatorinnen und -senatoren aller Länder und Stadtstaaten einmal im Monat treffen, um die Ergebnisse zu sondieren. Den bisherigen Prozess der Arbeit der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung hatten lediglich jeweils Vertreter der A- und B-Länder begleitet.
Besonderes Augenmerk soll wohl die geplante ambulant-stationäre Versorgungsebene genießen. Diese von der Regierungskommission vorgeschlagene Primärversorgung solle zügig rechtlich ausgekleidet werden, sagte Lucha. Er antwortetet dabei auf eine Frage, wie groß die Sorgen in den Ländern seien, Krankenhäuser im ländlichen Raum zu verlieren. Rund 600 Krankenhäuser könnten den Status Krankenhaus verlieren und in ein solches Zentrum umgewandelt werden, fürchtet die Deutsche Krankenhausgesellschaft.
Maskenpflicht in Praxen in „baldiger Bälde“ vor dem Ende
Auf der Tagesordnung der GMK stand auch die Abwicklung der Corona-Maßnahmen. Lucha berichtete, dass die meisten Länder deutlich vor dem Auslaufen der aktuell geltenden Corona-Vorgaben im Bundesinfektionsschutzgesetz am 7. April ihre länderspezifischen Regeln nahezu aufheben wollten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe ihnen am Montag versichert, dass er zeitnah einen Vorschlag zur Harmonisierung der Vorgaben vorlegen werde. Dies werde deutlich vor dem 7. April geschehen, müsse dann aber noch durchs Kabinett. Dieser Vorschlag solle dann auch die Regelungen enthalten, wie es mit Maskenpflicht und Testen im Gesundheits-und Pflegewesen weitergehen solle. Schon ab 28.Februar solle es keine Testverordnung mehr geben, kündigte Lucha an. „Der Geist ist klar: Wenn wir unsere Ärzte nicht mehr verpflichten, Maske zu tragen, dann kann das auch so sein“,kündigte Lucha an. All dies geschehe „zeitnah,in baldiger Bälde“,orakelte der badenwürttembergische Gesundheitsminister.
Pädiatrie soll in den Fokus rücken
Die Gesundheitsminister verständigten sich zudem darauf, die Kinder-und Jugendmedizin sowie die Kinder- und Jugendpsychiatrie stärker in den Fokus zu nehmen. Die Entbudgetierung der Kinder-und Jugendärzte sende eine positive erste Botschaft an die Disziplin. Jetzt müsse aber noch mehr folgen: „Die Bedarfsplanung deckt längst nicht mehr die Realität ab. Wir Länder haben die Bundesregierung und den Gemeinsamen Bundesausschuss deshalb nachdrücklich aufgefordert, die Grundlagen der Bedarfsplanung zu reformieren,“ sagte Lucha.
Die Bedarfe hätten sich in den vergangenen Jahren erheblich geändert. Es gebe mehr Vorsorgeuntersuchungen, chronische Erkrankungen bei Kindern seien in den vergangenen Jahren ebenso gestiegen wie die Geburtenzahlen und der Beratungsbedarf der Eltern. „Das muss berücksichtigt werden bei der Frage, wie viele Kinder- und Jugendarztpraxen es in einer Region braucht“, zeigte sich der GMK-Vorsitzende überzeugt.
Lucha: Qualität geht vor Nähe
Bereits vor dem Minister-Gipfel hatte Lucha angemerkt, dass die Entfernung zum nächsten Krankenhaus nicht entscheidend für eine gute Behandlung sei. „Es ist nicht die Entfernung, die entscheidend ist für die Krankenhausbehandlung, sondern es sind die Qualität und die personellen Ressourcen, diese Qualität umzusetzen“, sagte der baden-württembergische Gesundheitsminister der Deutschen Presse-Agentur.
Die Zahl der Krankenhäuser im Südwesten sinkt seit vielen Jahren. Waren es im Jahr 1990 noch 317, waren es 2021 noch gerade 246 Häuser. So werden etwa im Kreis Lörrach vier Standorte zu einem großen Zentralklinikum zusammengefasst. Mit Blick auf die Krankenhausreform und die Lage in Baden-Württemberg sagte Lucha: „Wir sind schon das Land mit der geringsten Bettendichte. Das wird sich weiter konzentrieren.“ Baden-Württemberg hatte im Jahr 2020 eine Dichte von 488 Betten je 100 000 Einwohner (Bundesdurchschnitt 2020: 587).
„Schnuckelige Klinik“ – eine „romantische Mär“
Lucha sagte, es gehe um das richtige Angebot am richtigen Ort. „Die romantische Vorstellung, ein kleines, schnuckeliges Krankenhaus sichert quantitativ und qualitativ flächendeckend eine Grundversorgung, ist eine romantische Mär“, sagte er. „Sie brauchen für eine qualifizierte Krankenhausversorgung Disziplinenbreite, Größe, Personal und auch ein Auskommen, das gute medizinische und pflegerische Leistung vergütet.“
Die Krankenhauslandschaft in Deutschland soll nach dem Willen von Bund und Ländern grundlegend umgestaltet werden. Beide Seiten wollen in den kommenden Monaten an einer großen Klinikreform arbeiten, bis zur Sommerpause soll ein erster Gesetzentwurf vorgelegt werden. Eine Expertenkommission hatte vorgeschlagen, dass Kliniken künftig weniger Geld pauschal nach Anzahl der behandelten Fälle bekommen sollen. Anstelle dessen soll das Vorhalten von Betten, Personal und bestimmten Leistungen stärker honoriert werden. Das soll ökonomischen Druck von den Häusern nehmen. Zudem ist eine stärkere Spezialisierung der Kliniken geplant.
Die These „groß ist gut“, die offenbar den Expertenkommissionsvorschlägen zugrunde liege, scheine ihm „etwas schlicht zu sein“, kommentierte der Vorsitzende der baden-württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Heiner Scheffold. Die große Aufgabe werde darin bestehen, einen Ausgleich zwischen Zentralisierung und flächendeckender Versorgung zu finden, sagte er. Aus den Vorschlägen der Regierungskommission könnte sich eine „starke Konzentration in ‚Riesenkrankenhäusern‘“ ergeben, warnte Scheffold. Das müsse nicht per se zu einer guten medizinischen Versorgung führen und setze massive Investitionen voraus, meinte der BWKG-Vorsitzende.
„FDP ist größter Risikofaktor“
Lucha hat in diesem Jahr den Vorsitz bei der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) inne. Als einen seiner Schwerpunkte als GMK-Chef nannte Lucha die Arbeit an der dauerhaften Sicherung der Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung. Diese sei für dieses Jahr nur bruchstückhaft gesichert, kritisierte er. „Größter Risikofaktor ist da der Ampel-Koalitionspartner FDP in Berlin. Die sind für eine echte Stärkung der GKV nach wie vor ein Hemmschuh. Ich erwarte von Bundeskanzler Scholz da ein Machtwort.“ (af/dpa)