Vorbild nordische Länder

Gesundheitssoziologe Wendt empfiehlt Strukturreformen auf allen Ebenen

Der Soziologe Claus Wendt plädiert für einen einheitlich organisierten Erstkontakt bei der Notwendigkeit einer Pflege und ein Hausarztsystem mit stärkerer Steuerungsfunktion.

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Saarbrücken. Das deutsche Gesundheitssystem ist nach Auffassung von Professor Claus Wendt reformbedürftig und kann sich dabei einiges von den Niederlanden und skandinavischen Ländern abschauen. Dies gelte vor allem für das Hausarztsystem einschließlich der Bildung größerer Einheiten und eine bessere Verzahnung der Krankenhausversorgung mit dem Pflegesystem.

Als eine der vordringlichsten Maßnahmen plädierte der in Siegen lehrende Soziologe mit dem Schwerpunkt auf dem Vergleich von Gesundheitssystemen für einen einheitlich organisierten Erstkontakt bei der Notwendigkeit einer Pflege. Auf dem Herbstempfang der saarländischen TK-Landesvertretung verwies Wendt am Mittwochabend als Vorbild auf Dänemark. Dort sei die Zuständigkeit eindeutig geregelt und liege bei den Kommunen. Damit könnten die Pflegemanager schon bei der Einweisung in ein Krankenhaus die Schritte nach der Entlassung planen. Als besonders interessant für Deutschland hält Wendt dabei den Baustein des Hospital-at-Home. Durch eine zeitweise Versorgung zu Hause durch ein Krankenhaus als einzigem Leistungsträger, die bis hin zur Stellung eines geeigneten Bettes gehen könne, könnten Klinikeinweisungen vermieden oder die Liegezeiten verringert werden.

Fortschritte bei der Digitalisierung und dem Einsatz von KI

Weiter empfahl Wendt ein Hausarztsystem mit stärkerer Steuerungsfunktion, allerdings in Form von Primärversorgungszentren anstelle von Einzelpraxen. In diese Zentren sollten auch andere Medizinberufe einbezogen und diesen mehr Aufgaben übertragen werden. Inzwischen wären auch die meisten Fachärzte mit einer Lenkungsfunktion durch die Hausärzte einverstanden, erklärte der Vorsitzende der KV Saarland, Prof. Harry Derouet. Dennoch sei dies derzeit praktisch nicht umsetzbar, da zu viele Hausarztsitze unbesetzt und deshalb die noch bestehenden Praxen schon jetzt völlig überlastet seien.

In der Diskussion schälte sich nur eine vage Hoffnung auf Besserung heraus. Sie beruht vor allem auf Fortschritten bei der Digitalisierung und dem Einsatz von KI. Noch gebe es in keinem Land durchgehende digitale Akten vom Krankenhaus über Praxen bis hin zur Pflege, berichtete Wendt. Für den Leiter der TK-Landesvertretung Stefan Groh hat die Informationstechnologie jedoch neben praktischen Vorteilen auch das Potenzial, alte Denkmuster zu verändern. „Früher haben ältere Mitarbeiter den Jungen erklärt, wie es geht – heute ist es oft umgekehrt“ – dieser Wandel trage möglicherweise dazu bei, nicht immer nur die Erhaltung „bewährter“ Strukturen zu beschwören, sondern mehr über sinnvolle Veränderungen nachzudenken. (kud)

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