Erster Themenschwerpunkt
Niedersächsischer Ethikrat nimmt sich Situation der Kinder an
Die neue Initiative mit Vertretern aus Ärzteschaft und Kirchen will die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf junge Menschen diskutieren.
Veröffentlicht:Hannover. Home-Schooling, überlastete Alleinerziehende, Isolation. Der neu gegründete Niedersächsische Ethikrat will sich seinem ersten Themenschwerpunkt widmen: der Situation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Zeiten der Pandemie.
Im Schatten der großen politischen Entscheidungen seien oft Kinder, Jugendliche und junger Erwachsene von der Teilhabe am öffentlichen Leben ausgeschlossen worden. Dabei sei sie ganz besonders angewiesen auf Bildung, Spiel und Sport und auf Kontakt untereinander, heißt es in einem „Diskussionsbeitrag der Initiative Niedersächsischer Ethikrat“ zur Perspektive junger Menschen in der Corona-Krise.
Der Rat besteht aus vier Gründungsmitgliedern – der Präsidentin der Niedersächsischen Ärztekammer, Dr. Marina Wenker, der SPD-Landtagsabgeordneten und Ärztin Dr. Thea Wernstedt und als beratende Mitglieder dem evangelische Landesbischof der Landeskirche Hannover, Ralf Meister und dem Bischof des katholischen Bistums Osnabrück, Dr. Franz-Josef Bode sowie einer Reihe weiterer Mitglieder.
Man wolle sich öffentlich zu ethischen und sozialpolitischen Fragen äußern, die sich im Zusammenhang mit der Pandemie ergeben, so Wenker auf der konstituierenden Sitzung des Rates.
Wie weiter nach der Schule?
Als erstes Thema nimmt der Rat also die Situation der Jugendlichen in den Blick. Der Theologe Dr. Christoph Künkel erklärte, dass zum Beispiel die Situation von Lehrlingen von der Politik und Verbänden gesehen werden müsse.
„Die jungen Leute sind fertig mit der Schule, aber wegen der Krise bieten die Betriebe deutlich weniger Lehrstellen an. So sitzen die Jugendlichen zwischen den Stühlen.“ Auch die zusätzlichen Herausforderungen, die auf die Familien mit Kindern zukamen, etwa mit der Aufgabe des Home-Schoolings, hätten sich vor allem am „bundesdeutschen Standardmodell von Familie“ orientiert, zitiert das Niedersächsische Ärzteblatt Dr. Franz-Josef Bode, auf der konstituierenden Sitzung des Rates.
So lautet die Frage des Gremiums: „Was oder wen haben wir am wenigsten bedacht und beachtet?“, so Künkel. Es solle darum mehr Acht gegeben werden auf die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Leute während einer Krise und auf die Bildungschancen.
Auch der Situation der Familien müsse stärke Rechnung getragen werden, so das Diskussionspapier des Rates. „Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind nicht nur Adressaten staatlicher Maßnahmen, sondern aktiv zu beteiligende Mitglieder der Gesellschaft“, so der Rat.
Fehler nicht wiederholen in zweiter Welle
Der Politik sei laut Künkel aber kein Vorwurf zu machen. Sie habe in der Not handeln und Fehler in Kauf nehmen müssen. Aber bei einer eventuellen zweiten Welle der Pandemie sollte die Fehler nicht ein zweites Mal gemacht werden.
Dass die Politik auch anders kann, habe sich zum Beispiel im Umgang mit Wohnungslosen in Hannover gezeigt. Auch sie sei eine Gruppe, die leicht übersehen wird.
„Da hat die Politik erkannt, dass sie niemanden im Rahmen des Lockdowns nach Hause schicken kann, der kein Zuhause hat“, sagt Künkel. „Darauf hat die Stadt den wohnungslosen Menschen Räume in den Jugendherbergen angeboten.“