Suchtbericht Mecklenburg-Vorpommern

Frauen kaschieren Sucht besser als Männer

Frauen suchen im Nordosten deutlich seltener eine Drogen- und Suchtberatungsstelle auf. Das heißt nicht, dass sie weniger Probleme haben, warnen Experten.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Frauen mit Suchtproblemen wie Alkohol können diese offenbar länger und besser verbergen als Männer

Frauen mit Suchtproblemen können diese offenbar länger und besser verbergen als Männer, sagen Experten.

© encierro/stock.adobe.com

Schwerin. Mehr als 10 .000 Menschen suchten im vergangenen Jahr Hilfe in den Sucht- und Drogenberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern. Nicht einmal ein Viertel davon waren Frauen – dies entspricht jedoch nicht dem tatsächlichen Anteil der Süchtigen, so die Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen (Lakost) in ihrem aktuellen Bericht. Sie warnt vielmehr davor, die Frauen in der Suchthilfe aus dem Blick zu verlieren.

„Aus Beratung und Therapie wissen wir, dass auch Suchtverläufe frauenspezifische Besonderheiten aufweisen. Frauen gehen unauffälliger mit ihrem Suchtmittelmissbrauch beziehungsweise ihrer Abhängigkeit um als Männer. Sie fallen in der Gesellschaft weniger auf.“ Abhängige Frauen verhielten sich angepasst und verantwortungsbewusst und versuchten über lange Zeit, den Aufgaben des Alltags in Beruf und Familie nachzukommen. So beschreiben die Lakost-Autoren das Verhalten weiblicher Süchtiger und gelangen deshalb zum Appell: „Die Notwendigkeit von frauenspezifischen Angeboten in der Suchthilfe muss weiterhin gesehen und ausgebaut werden.“

Immer mehr Hilfesuchende haben Kinder

Im Landesgesundheitsministerium scheint dieser Aspekt zumindest keine Priorität zu genießen. In einer dreiseitigen Pressemitteilung über die Arbeit der Beratungsstellen geht Minister Harry Glawe (CDU) auf diese Problematik nicht ein. Deutlich machte er aber, dass der Anteil an Klienten in den Beratungsstellen, die schon Eltern sind, steigt – im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent. Insgesamt 2565 Beratungssuchende hatten minderjährige Kinder, von denen allerdings nur 1555 mit ihren Kindern in einem Haushalt leben.

Die Koordinierungsstelle geht von mindestens rund 4100 minderjährigen Kindern in Mecklenburg-Vorpommern aus, die von einer Suchtproblematik der Eltern betroffen sind und rund 2500, die mit ihnen in einem Haushalt leben. Lakost gibt zugleich zu bedenken, dass sich längst nicht alle Süchtigen in den Beratungsstellen melden und es eine Dunkelziffer gibt – oft dauere es Jahre, bis sich Süchtige ihrem Problem stellen und Hilfe suchen.

Hauptsuchtmittel bleibt Alkohol

Weitere Ergebnisse des Suchtberichts:

  • Hauptdiagnose in den ambulanten Beratungsstellen bleibt Alkohol mit 6360 Fällen, gefolgt von illegalen Suchtmitteln (2121) und pathologischem Spielen (289).
  • Die Diagnosen fallen je nach Alter unterschiedlich aus. Bei 50- bis 59-Jährigen dominiert Alkohol, bei 35- bis 39-Jährigen sind es Opioide, bei 30- bis 34-Jährigen Kokain und pathologisches Spielen, bei 19- bis 24-Jährigen Cannabinoide und bei noch jüngeren die exzessive Mediennutzung.
  • Betreuungsdauer, -frequenzen und Beendigungsgründe variieren mit der Diagnose. Rund 23 Prozent der Klienten kamen nur einmal in eine der 26 Beratungsstellen im Land. Mehr als sieben Prozent hatte dagegen mehr als 30 Beratungskontakte, oft über mehrere Jahre verteilt. 3333 Klienten beendeten die Beratung regulär, 1907 beendeten sie vorzeitig.
  • 29 substituierende Ärzte im Land betreuten insgesamt 275 gemeldete Patienten. Im vergangenen Jahr gab es landesweit fünf Rauschgifttote. Dreimal war Ecstasy die Todesursache, einmal Methadon, einmal ein synthetisches Cannabinoid. Glawe sieht mit dem Bericht die Relevanz von Suchthilfeerkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern unterstrichen. Der Anteil der ratsuchenden Klienten entspricht 0,64 Prozent der Gesamtbevölkerung.
  • Das Land unterstützt die Beratungsstellen mit 1,88 Millionen Euro, hinzukommen Fördermittel für Lakost und die Landesfachstelle Glücksspielsucht sowie die regionalen Suchtpräventionsbemühungen in den Kreisen.
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