TV-Kritik
Harte, aber faire Debatte um assistierten Suizid
Assistierter Suizid ja oder nein? Das Thema ist brandaktuell und polarisiert. Frank Plasbergs ARD-Talk machte am Montagsbend seinem Namen alle Ehre: Die Debatte war hart, aber fair.
Veröffentlicht:BERLIN. Er reist seit 15 Jahren durchs Land und hilft Menschen beim assistierten Suizid. "Aus der Praxistätigkeit heraus", sei diese Arbeit entstanden, erläuterte der Berliner Urologe Dr. Michael Arnold am Montagabend in der ARD-Sendung "Hart aber fair": "Ich finde, das ist eine ärztliche Aufgabe."
An die 200 Mal hat er beim Suizid geholfen. "Man tötet nicht, wenn man Menschen zum Freitod verhilft", sagt Arnold.
Frank Plasberg hatte eingeladen, ein topaktuelles, polarisierendes Thema, eigentlich prädestiniert für Rechthaberei und Absolutheitsansprüche. Doch davon war in über 70 Minuten nichts zu spüren. Geduldiges Zuhören war angesagt. Assistierter Suizid, ja oder nein?
"Die Ärzteschaft ist bei diesem Thema so wenig einig wie die gesamte Gesellschaft auch", sagte Hartmannbund-Chef Dr. Klaus Reinhardt. Und Peter Hintze (CDU), Bundestags-Vizepräsident, nutzte die Chance, einen Gesetzentwurf zu erläutern, den er im Bundestag unter anderem mit dem SPD-Mann Karl Lauterbach einbringt.
Die Botschaft: Wenn Schmerz, Erstickungsangst, permanentes Erbrechen und der Ekel vor sich selbst beim Patienten überhandnehmen und er aus freiem Gewissen aus dem Leben scheiden will, dann muss es im extremen Einzelfall Handlungsoptionen für Ärzte geben, diesem Wunsch nachzukommen.
Hintze will Sicherheit. "Wenn wir das im staatlichen Recht regeln", sagt er, "dann ist der Arzt, der sich an diese Vorschriften hält, geschützt".
"Man sollte nicht leichtfertig damit umgehen"
Die Medizinethikerin Professor Bettina Schöne-Seifert von der Uni Münster lag mit Hintze in vielen Detailfragen auf einer Wellenlänge. Auch sie forderte Handlungsoptionen für Ärzte im extremen Ausnahmefall.
Aber: "Kein Arzt sollte genötigt werden, beim assistierten Suizid mitzumachen. Und bei Menschen, die lebensmüde sind, sollte es diese Option ohnehin nicht geben."
HB-Chef Hartmann konstruierte für den Fall einer erlaubten Sterbehilfe warnend einen "überspitzten Extremfall": Wer über sein Genmaterial herausfindet, dass ihm Krankheiten drohen, der könnte dann, wann auch immer es ihm passt, entscheiden, dass er sterben will und Hilfe wünscht.
Marianne Koch, Ehrenpräsidentin der Deutschen Schmerzliga, mahnte dringend, auf die Palliativmedizin zu setzen: "Schluss-Aus? Damit sollte man nicht leichtfertig umgehen", warnte die 83-jährige Ärztin.
Fazit: Eine informative, durchaus gelungene Sendung - und das in einer Zeit, in der viel wirres Zeug übers Sterben in Deutschland geredet wird.