„Sinnlos Menschenleben ausgelöscht“
Kammer-Präsident Ebmeyer bestürzt, dass Magdeburger Todesfahrer Arzt ist
Taleb A. hat bei einer Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt mindestens fünf Menschen getötet. Die Ärztekammer ist bestürzt über die hohe Zahl der Opfer und dass die Tat von einem Mediziner begangen wurde.
Veröffentlicht:Magdeburg. Die Ärztekammer Sachsen-Anhalt hat mit Entsetzen auf den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am Freitagabend reagiert. „Unser tiefes Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Angehörigen“, zitiert die Kammer am Sonntag den Präsidenten Professor Uwe Ebmeyer. Ebmeyer ist Leitender Oberarzt und stellvertretender Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie am Uniklinikum Magdeburg. Bei dem Anschlag waren nach letzten Angaben fünf Menschen ums Leben gekommen, über 200 waren verletzt worden, davon zahlreiche schwer.
Ebmeyer äußerte sich „bestürzt darüber, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen Arzt handelt“. „Er hat sinnlos Menschenleben ausgelöscht und bedroht.“ Der Todesfahrer Taleb A. war seit 2020 als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie im Maßregelvollzug Bernburg tätig.
Er soll nach Behördenangaben bereits 2006 aus Saudi-Arabien nach Deutschland gekommen sein. Von 2011 bis Anfang 2016 habe er in Stralsund einen Teil seiner Facharzt-Weiterbildung absolviert, erklärte der Innenminister des Bundeslandes, Christian Pegel (SPD). Schon damals wurde er bei den Behörden mehrfach auffällig – mit der Androhung von Straftaten.
Offenbar Drohungen gegen Ärztekammer-Vertreter
In einem Streit um die Anerkennung von Prüfungsleistungen habe er gegenüber Vertretern der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern mit einer Tat gedroht, die internationale Beachtung bekommen werde. Im Zuge von Ermittlungen habe es auch eine Durchsuchung bei Taleb A. gegeben, dabei seien aber keine Hinweise auf eine reelle Anschlagsvorbereitung gefunden worden. Im Jahr 2013 sei Taleb A. vom Amtsgericht Rostock wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten zu 90 Tagessätzen verurteilt worden.
In der Folge soll es weitere Auffälligkeiten gegeben haben. Den Verdacht der Nötigung im Januar 2014 etwa, der zu einer Gefährderansprache der Polizei geführt habe, wie Innenminister Pegel sagte. Der Mann sei auf Konsequenzen solcher Taten hingewiesen worden und ihm sei gesagt worden, dass man einen sehr viel genaueren Blick auf ihn haben werde.
Die Richter, die ihn 2013 verurteilt hatten, habe er später in einer Petitionshotline der Bundesbehörden außerdem als Rassisten bezeichnet. Er habe dabei Überlegungen angedroht, sich eine Pistole zu besorgen und im Zweifel Rache an den Richtern nehmen, sagte Pegel. Als Gefährder sei der Mann aber nicht eingestuft worden.
„Er heißt bei uns „Dr. Google“
Auch nicht von den Behörden in Sachsen-Anhalt, wo Taleb A. anschließend lebte. Im Februar 2016 beantragte er nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa einen Asylantrag, über den im Juli desselben Jahres entschieden wurde. Der saudische Staatsbürger erhielt Asyl als politisch Verfolgter.
Er wohnte zuletzt in Bernburg, einer kleinen Stadt knapp 50 Kilometer von Magdeburg, entfernt. Dort arbeitete er als Facharzt für Psychiatrie im Maßregelvollzug und kümmerte sich um suchtkranke Straftäter. Das teilte das Gesundheitsunternehmen Salus mit. Seit März 2020 sei er in der Einrichtung tätig gewesen. „Seit Ende Oktober 2024 war er urlaubs- und krankheitsbedingt nicht mehr im Dienst“, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens, das in Bernburg ein Fachklinikum für Psychiatrie und Suchtmedizin betreibt.
Doch in der Belegschaft gab es offenbar Misstrauen an dem Arzt und Zweifel an seinen Kompetenzen. Die „Mitteldeutsche Zeitung“ zitiert einen Mitarbeiter: „Er heißt bei uns ‚Dr. Google‘.“ Vor jeder gestellten Diagnose habe er im Internet nachschauen müssen. Es habe auch Hinweise an die Klinikleitung gegeben. Die Klinik wollte sich auf Anfrage nicht äußern. (eb/dpa)