Schlafmangel

Oft ist das Handy schuld

Sieben Stunden und 15 Minuten verbringen die Deutschen am Tag durchschnittlich mit Schlafen. Doch viele Menschen fühlen sich am Morgen nicht ausreichend erholt. Experten sehen die Schuld bei der "24-Stunden-Gesellschaft".

Von Katharina Hölter Veröffentlicht:
Rund sechs Prozent der Bundesbürger leiden unter Schlafstörungen, schätzen Experten.

Rund sechs Prozent der Bundesbürger leiden unter Schlafstörungen, schätzen Experten.

© Dan Race / fotolia.com

MAINZ. Der größte Feind des Schlafes ist die Anspannung, sagen Experten. Vom 3. bis 5. Dezember diskutieren sie auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin in Mainz neben den Ursachen für schlechten Schlaf auch Auswirkungen auf das Privat- und Berufsleben.

"Unsere durchschnittliche tägliche Schlafdauer liegt bei sieben Stunden und 15 Minuten", sagt Alfred Wiater, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin.

Wie viel Schlaf jeder von uns braucht, ist aber sehr unterschiedlich. Das hänge von den individuellen sozialen Umständen und auch von der genetischen Disposition ab, erklärt Schlafmediziner Peter Young von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Schlaf müsse eine hohe Priorität im Leben haben.

Schlafstörungen bei sechs Prozent der Bundesbürger

In Deutschland leiden rund sechs Prozent der Bevölkerung unter Schlafstörungen. Sie sind deshalb weniger leistungsfähig und ihr Wohlbefinden leidet. Experten sehen darin eine große Gefahr.

"Wir leben in einer 24-Stunden-Gesellschaft, sind ständig erreichbar, ständig mit dem Arbeitsplatz und anderen Menschen verbunden. Das Abschalten fällt uns einfach immer schwerer", sagt der Psychologe und Leiter eines pfälzischen Schlafzentrums, Hans-Günter Weeß.

Eine repräsentative Umfrage der Max Grundig Klinik im baden-württembergischen Bühl ergab, dass 41 Prozent der Deutschen Angst vor Schlaflosigkeit haben.

Organische Erkrankungen, psychische Störungen, Schichtarbeit und auch Medikamente können als Nebenwirkung Schlafstörungen hervorrufen. Doch es gibt einen Faktor, der laut Expertenmeinung bislang zu selten berücksichtigt wird: "Das ist die innere Einstellung des Patienten zur Nacht und zum Schlaf", sagt Weeß.

Den Betroffenen gelinge es oft nicht, sich vom Alltag zu verabschieden. Schlafgestörte machen sich häufig im Bett Gedanken über Alltagsprobleme, oftmals auch über Banalitäten.

"Das erhöht die Anspannung. Und die Anspannung ist der größte Feind des Schlafes." Schlafmangel steigere das Herz-Kreislauf-Risiko, genauso wie das Diabetesrisiko.

Gefühl der Geborgenheit

"Bei objektiven Messungen schlafen Frauen im gemeinsamen Schlafzimmer schlechter, Männer hingegen besser", sagt Weeß. Subjektiv erleben jedoch beide den Paarschlaf als angenehmer.

"Frauen sagen trotzdem, dass sie zu zweit besser schlafen als allein." Da kommt die Psychologie ins Spiel: "Das gemeinsame Schlafen bietet für beide Geschlechter ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit."

Den Grund für den objektiv schlechteren Schlaf der Frau kann man evolutionsbiologisch erklären. Sie seien genetisch so programmiert, dass sie für das Wohl der Familienmitglieder und Kinder zuständig sind - auch nachts.

Auch das Handy trägt eine Mitschuld. "Wir wissen von Jugendlichen, wenn sie vor dem Einschlafen und später im Bett noch viel mit dem Handy daddeln, dass sie schlechter schlafen", sagt Weeß.

Ranghohe Politiker und Manager schlafen oft nur wenige Stunden am Tag - manche von ihnen gehörten wohl zu den Kurzschläfern, vermutet Wiater.

Zu bedenken sei aber, dass Schlafmangel zu "realitätsfernem Optimismus und erhöhter Risikobereitschaft führen kann". Wiater betont: "Daher sollten sich Politikerinnen und Politiker über den Stellenwert erholsamen Schlafes für verantwortungsvolles Handeln im Klaren sein."

Gesundheits-Apps und Schlaftracker-Armbänder versprechen Hilfe und sind auch zu Weihnachten wieder als Geschenke gefragt. Doch wie bewertet der Experte ihren Nutzen?

Solche Hilfsmittel sollten laut Schlafforscher Wiater nur eingesetzt werden, wenn sie auch wissenschaftlich überprüft wurden. Es bestehe ansonsten die Gefahr, dass man falsche Schlüsse aus den gewonnenen Daten zieht und es eher zu einer Verunsicherung kommt, statt zur Förderung der Gesundheit. (dpa)

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